11.07.2022
Nordamerika Nachrichten
Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
Die Themen dieser Woche:
  • Ausstieg von Columbia University aus dem Ranking des U.S. News & World Report
  • Wer trägt die Kosten des „Outsourcings“?
  • Need-blind Admission für internationale Studierende an nun sieben US-Hochschulen
  • Kurznachrichten
Liebe Leserinnen und Leser,
 
wir befassen uns in dieser Ausgabe mit dem Ausstieg von Columbia University aus dem Ranking des U.S. News & World Report und mit den Folgen von Sparmaßnahmen an Hochschulen durch das „Outsourcen“ von Dienstleistungen. Wir werfen zudem einen Blick auf die Entscheidung des Bowdoin College, akademisch geeignete internationale Studierende künftig ohne Rücksicht auf ihre jeweilige Finanzkraft zum Studium zuzulassen, und – wie immer – auf verschiedene Kurzmeldungen.
 
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre, Gesundheit, Geduld und Zuversicht.
 
 
Stefan Altevogt
Ausstieg von Columbia University aus dem Ranking des U.S. News & World Report
Am Freitag meldete die New York Times die Entscheidung von U.S. News & World Report, Columbia University aus der jüngsten Ausgabe des populären und einflussreichen Rankings „Best Colleges“ zu streichen, nachdem die Hochschule in der vergangenen Woche (wir berichteten) die an U.S. News gemeldeten Daten für die Ausgabe 2023 als nicht verifizierbar zurückgezogen hatte. Es heißt: „The biggest beneficiaries may be Harvard and M.I.T., which had shared the second spot with Columbia, and now have one less competitor. Princeton keeps its preening rights as No. 1. The rankings are influential among students applying to college because objectively comparing schools and visiting every campus they are interested in can be difficult. College presidents have bitterly complained that the rankings are misleading, yet few institutions have dropped out of the game.“
 
Sie finden die Meldung hier.
 
In einem Beitrag für den Chronicle of Higher Education nennt der ehemalige Präsident des Reed College, Colin Diver, die zahl- und einflussreichen Rankings der US-Hochschullandschaft insgesamt eine Farce, weil sie methodisch auf viel zu schwachen Füßen stünden und in der Auswahl der bewerteten Variablen viel zu beliebig seien. Er schreibt: „Virtually the whole enterprise of listing institutions in an ordinal hierarchy of quality involves faux precision, dubious methodologies, and blaring best-college headlines. To make matters worse, the entire structure rests on mostly unaudited, self-reported information of dubious reliability.“
Um die Stelle als Präsident des Reed College habe er sich seinerzeit auch beworben gehabt, weil sich die Hochschule wenige Jahre zuvor aus dem Rennen um die Listenplätze des U.S. News-Rankings verabschiedet und zu einer Haltung zurückgefunden gehabt hätte, dass Hochschulbildung mehr sei als nur der Zugang zu einem gutbezahlten Job und dass sich Hochschulen an internen Standards akademischer Integrität auszurichten hätten und nicht an externem Applaus.
Diese Verweigerungshaltung habe aber nicht dazu geführt, dass die Hochschule fortan in den Rankings nicht mehr aufgetaucht wäre. Er schreibt: „U.S. News and its coterie of fellow rankocrats just went ahead and graded the college anyway, based on whatever data they could scrape up and whatever ‘expert‘ opinions they could sample.“
 
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Wer trägt die Kosten des „Outsourcings“?
Ein Beitrag auf University Affairs befasst sich mit der Frage, wer letzten Endes für die Kosten von aus Sicht von Hochschulen zunächst einmal betriebswirtschaftlich vernünftige Entscheidungen aufzukommen habe, bestimmte Dienstleistungen nicht mehr durch eigenes Personal anzubieten, sondern an Fremdfirmen zu vergeben. Der Beitrag stützt sich dabei auf eine im April von der Canadian Union of Public Employees (CUPE) vorgelegte Untersuchung, der zufolge sich die Kosteneinsparungen für die Hochschulen vor allem aus deutlich geringeren Entlohnungen für die Erbringer der Dienstleistungen speisten und entsprechend oft sozial aufgefangen werden müssten. Die landesweit rund 700.000 Arbeitnehmer vertretende CUPE schreibt: „Our report finds that workers and communities pay a heavy price when these services are privatized. It calls on post-secondary institutions to be good employers, especially as they are recipients of public funding. It also demands federal and provincial action to protect workers and communities from the fallout of privatization.“
Der Beitrag bemerkt, dass zwar eine wachsende Zahl kanadischer Hochschulen bestimmte Tätigkeiten an ihren Standorten wieder „insourcen“, also durch eigene Angestellte erledigt wissen wollten, dass aber derzeit noch der Regelfall die Beschäftigung von Fremdfirmen sei. Laut Untersuchung würden derzeit noch gut 83% der kanadischen Hochschulen die Essensversorgung auf dem Campus ganz oder zum Teil über Fremdfirmen abwickeln und 61% würden die Reinigungsdienste über Fremdfirmen abwickeln lassen.
Angesichts der jüngsten Verluste durch die Covid-Pandemie sei allerdings auf der anderen Seite auch der Druck zu Kosteneinsparungen an Hochschulen nachvollziehbar. Hierzu heißt es: „A Statistics Canada study released in August 2021 estimated that the pandemic may have cost Canadian universities between $438 million and $2.5 billion of projected revenues in 2020/2021. It noted that while provincial funding has been the main source of revenue for Canadian universities, it has declined as a percent of total revenue over the last two decades. The result has been an increased reliance on tuition and ancillary services revenue, which have been particularly vulnerable over the least two years.“
 
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Need-blind Admission für internationale Studierende an nun sieben US-Hochschulen
Der Chronicle of Higher Education meldet die Entscheidung des Bowdoin College im US-Bundesstaat Maine, geeignete internationale Studierende zum Studium zuzulassen, ohne darauf zu achten, ob die Bewerberinnnen oder Bewerber auch in der Lage sind, die Studiengebühren zu bezahlen. Damit reihe sich Bowdoin in eine Gruppe von nun sieben US-Hochschulen ein, die internationalen Studierenden gegenüber eine sog. „need-blind admission policy“ praktiziterte. Die anderen sechs Hochschulen aus der Gruppe seien Harvard, Princeton, Yale, das Massachusetts Institute of Technology und die Colleges Amherst und Dartmouth. Zu den Kosten eines Studiums an Bowdoin heißt es: „Tuition and fees at Bowdoin for the 2022-23 academic year are $78,300.“
Mit der Entscheidung geselle sich Bowdoin zwar zu einer sehr kleinen Gruppe prestigeträchtiger und sehr wohlhabender Hochschulen, die sich eine need-blind admission policy leisten könnten, doch deute der allgemeine Trend klar in eine andere Richtung. Laut Zahlen des Institute of International Education (IIE) seien lediglich 20% der internationalen Studierenden an US-Hochschulen auf Hochschulstipendien in den USA und in der Fläche habe der Deckungsbeitrag internationaler Studierender zu den Hochschulkosten über die vergangenen Jahre eher noch Bedeutung gewonnen gehabt. Dazu heißt es: „Although they account for only about 5 percent of all students on American campuses, international enrollments increased more than 60 percent in the years leading up to the pandemic, and their tuition dollars have helped make up for state budget cuts and demographic declines that have shrunk the college-age population in some parts of the country. During the 2007-8 Great Recession, revenue from international students bailed out some public universities, researchers have found.“
Es sei weiterhin bemerkenswert, so der Beitrag, dass alle Hochschulen mit einer need-blind admission policy gegenüber internationalen Studierenden privat-finanziert seien. Öffentlich finanzierte Hochschulen seien offenbar nicht in der Lage, den politischen Druck auszuhalten, der entstehen würde, würden sie internationalen Studierenden die Studienplätze geben, die aus Sicht der Steuerzahler der akademischen Versorgung der Landeskinder vorbehalten sein sollten. In Kalifornien sei dieser Zielkonflikt zuletzt vom Gesetzgeber entschieden worden: „California lawmakers in 2021 limited the number of students from overseas or out of state on the most popular University of California campuses.“
 
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Kurznachrichten
Die Hochschulen im US-Bundesstaat Illinois würden einer Meldung auf Inside Higher Education zufolge künftig darauf verzichten, mit der Bestätigung von Studienleistungen so lange zu warten, bis die ehemaligen Studierenden ihre Studienschulden beglichen hätten. Man wolle auf diese Weise den Absolventen den Zugang zu besser bezahlten Stellen erleichtern und damit eine wesentliche Voraussetzung dafür schaffen, dass Studienschulden überhaupt zurückgezahlt werden könnten. Der Präsident der University of Illinois wird dazu mit den Worten zitiert: „Students come to the University of Illinois in search of the keys to opportunity and to the better life that higher education promises. Blocking access to those keys, often over minor debts, runs counter to our mission. This change in policy is in keeping with our commitment to equity and to maintaining access to the life-changing education available at our universities.“
 
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Ohio State University (OSU) ist es einer Meldung im Chronicle of Higher Education zufolge gelungen, den Artikel „the“ in der Schreibweise „THE“ für die Hochschule gebrauchsmusterrechtlich schützen zu lassen. Abseits von OSU sei man nicht überall gleichermaßen von der Entscheidung des U.S. Patent and Trademark Office begeistert. Ein Professor der Law School an Duke University wird mit den Worten zitiert: „This is a very stupid decision. But the more concerning thing is that it is a trend.”
 
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Der Globe and Mail meldet zunehmende Probleme kanadischer Studierender, bezahlbaren Wohnraum zu finden, und schreibt: „Students are struggling to secure housing in Canada’s overheated rental market.“ Die Mieten seien im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 10% gestiegen und eine Reihe von Faktoren würden zu einer Verschärfung der Situation beitragen, darunter auch eine deutlich höhere Anzahl internationaler Studierender, die nach Abschluss in Kanada bleiben würden.
 
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CBC meldet das Einfrieren der Studiengebühren für internationale Studierende an der kanadischen Laurentian University und schreibt: „On average, an international undergrad student at Laurentian pays [Can]$26,000 in tuition per year. (...) Laurentian University will freeze its tuition fees for international students in a bid to compete with other Ontario universities, which rely on the money international students bring in.“
 
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Ein Beitrag auf Inside Higher Education bemüht sich um erste Zahlen zu einem möglichen Trend einer Abwanderungswelle aus Fakuläten von US-Hochschulen (wir berichteten in der vergangenen Ausgabe) und schreibt: „It’s still too soon to determine to what extent the COVID-19–era Great Resignation has impacted the higher education faculty: there’s no national survey to reflect current faculty departures or the reasons behind them. Bureau of Labor Statistics data do show a decline in postsecondary instructor employment between May 2020 and May 2021 (1,369,930 versus 1,340,560, respectively), but 2022 data aren’t yet available. The American Association of University Professors’ annual faculty salary survey report shows a slight 0.6 percent dip in overall faculty head counts between fall 2019 and fall 2021.“
 
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