Erstaunlich ist allerdings vor dem Hintergrund der hohen Studienkosten auf der einen Seite und den signifikanten Vorteilen eines Studienabschlusses auf der anderen die hartnäckig hohe Zahl von Studienabbrüchen in den USA. Der Chronicle of Higher Education veröffentlichte dazu einen Beitrag von David Kirp von der University of California at Berkeley unter dem Titel „The College Dropout Scandal”, eine Zusammenfassung seines soeben bei Oxford University Press unter dem selben Titel publizierten Buchs. Auch für die kürzeste Aufzugsfahrt geeignet, fasst er zusammen: „Forty percent of students don’t graduate. No one is held accountable. No one is fired. That must change.”
Ja, Hochschulbildung sei die Eintrittskarte in den US-amerikanischen Mittelstand, denn das Einkommensintegral mit Bachelor-Abschluss betrage gegenüber dem Oberschulabschluss derzeit fast $1 Mio. Für einen nennenswerten Anteil an der Bevölkerung, nämlich rund 10%, seien es aber eben auf der anderen Seite auch falsche Hoffnungen: „The contention that college is the engine of social mobility is false advertising for the 34 million Americans over 25 – that’s more than 10 percent of the entire U.S. population – who have some college credits but dropped out before receiving a diploma.” Sie würden nur wenig mehr verdienen als Oberschulabsolventen, bezahlten ihren Bildungsversuch aber teuer und das Leben entsprechend negativ prägend: „Dropouts are nearly twice as likely as college grads to be unemployed, and they are four times more likely to default on student loans, thus wrecking their credit and shrinking their career options.”
Derzeit würden nach Zahlen des National Student Clearinghouse Research Centers weniger als 60% der Studierenden in vierjährigen Studiengängen innerhalb von sechs Jahren zum Abschluss kommen. Bei Studierenden an zweijährigen Community Colleges sei es noch dramatischer, denn hier hätten nach sechs Jahren weniger als 40% den Regelabschluss erreicht. Im internationalen Vergleich der OECD-Länder reiche dies gerade zu Rang 19 (von 28), „on a par with Lithuania and Slovenia”.
Laut Untersuchungen des American Institutes for Research (AIR) betrügen die wirtschaftlichen Kosten des Hochschulabbruchs pro Jahr und pro Jahrgang $3,8 Mrd. Doch sollten die hierin nicht enthaltenen gesamtgesellschaftlichen Kosten nicht unterschätzt werden: „A college education gives students the intellectual capital to tackle high-skill jobs, as well as the social capital to make the connections and build the networks that can lead to success.”
Die hohe Abbrecherquote das das öffentlich nur wenig beachtete „dirty little secret” der Hochschullandschaft und infolge der geringen Beachtung werde dem Problem an den Hochschulen auch keine Aufmerksamkeit geschenkt. Im Gegenteil: „The priority for many college presidents is getting freshmen in the door and tuition dollars in the bank.” Wenn überhaupt darüber gesprochen werde, dann unter der Prämisse, dass den Studierenden ja die Chance für eine Studienerfolg gegeben worden sei und im Falle des Scheiterns ganz sicherlich und nur die unzureichende Studienbefähigung der Abbrecher verantwortlich gemacht werden müsse.
Klar, man könne sich das Leben leicht machen und jedem, der sich vier Jahre an einer Hochschule aufhält, ein Bachelor-Zeugnis in die Hand drücken. „That’s a preposterous proposal, one that’s worthy of a Jonathan Swift satire, but I have heard that at least one professor at a major state institution actually recommended something similar to his colleagues.” Sinnvoll wäre aber ein Bündel von Maßnahmen, die weder teuer noch kompliziert seien. Bessere Informationen für Studierende über akademische Hilfsangebote wären da ebenso zu nennen wie regelmäßige „text-message nudges” an gefährdete Studierende, doch am Ball zu bleiben. Datenanalyse zur Erkennung von Gefährdung sei sehr hilfreich, so wie auch eine studienbegleitende Verbesserung der Studienbefähigung: „Remedial courses in math, reading, and writing – the downfall for millions of students – substantially lower the number of failing grades.” Schließlich sollte auch nicht unterschätzt werden, wie wichtig für den Studienerfolg die akademische und soziale Einbindung der Studierenden sei. Dazu zitiert er aus einer an der University of California in Los Angeles durchgeführten und eingentlich nur wenig überraschenden Untersuchung: „The more students are academically and socially engaged with other people on campus … the more likely (other things being equal) they will stay and graduate from college.”
Lösungsansätze seien allesamt kein Hexenwerk und es gäbe einige wenige und ermutigende Beispiele. Wie jedoch die Verantwortlichen an den Hochschulen in die richtige Richtung bewegt werden könnten, beantwortet der Beitrag (noch) nicht, sondern stellt lediglich fest: „Unless university leaders are up for the challenge – unless they regard student success not as a risky business but as a moral imperative – the dropout problem won’t be solved.”

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