Ausgabe ___ | March 29 2017
13. August 2018
Nordamerika Nachrichten
Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
Themen dieser Woche:

  • Bildungspolitik(en) der US-Regierung
  • Ist eine US-Hochschullandschaft ohne Studiengebühren derzeit möglich?
  • „A Perfect Mess”: Die Hochschullandschaft in den USA
  • Kurznachrichten
Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser Ausgabe befassen wir uns mit einigen bildungspolitischen Zielen bzw. Maßnahmen der US-Regierung und mit der Frage, ob eine Befreiung des grundständigen Studiums von Studiengebühren in den USA derzeit politisch durchsetzbar wäre. Wir werfen zudem einen Blick auf eine Kompaktdarstellung der Geschichte der US-amerikanischen Hochschullandschaft (und der Rolle von Studiengebühren darin) und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche. 

Ich wünsche Ihnen wie immer eine interessante Lektüre.

Stefan Altevogt
Bildungspolitik(en) der US-Regierung
Bildungs-, Hochschul- und Forschungspolitik spielten bislang für die US-Regierung von Präsident Trump eine eher untergeordnete Rolle. Mit Kelvin Droegemeier hat Trump nach fast 600 Tagen Vakanz an der Spitze des Office of Science and Technology Policy (OSTP) nun endlich einen Nachfolger für John Holdren nominiert und man streitet derzeit nur noch darüber, ob Droegemeier nach der noch ausstehenden Bestätigung durch den Senat auch den inoffiziellen Titel eines „Assistant to the President for Science and Technology” tragen soll.

Soeben hat die Regierung zudem ihre Prioritäten für mit Bundesmitteln geförderte Forschung und Entwicklung vorgelegt, die sich – wie zu erwarten – aus den Zielen „America First” bzw. „Make America Great Again” herleiten. Das American Institute of Physics (AIP) schreibt zur Veröffentlichung: „The memo is organized around themes similar to those used in last year’s version, again putting national security priorities first and directing agencies to prioritize ‚basic and early-stage applied research‘. It also identifies several new R&D priority areas, ranging from advanced manufacturing to precision agriculture.”

Sie finden den Beitrag hier.

Bildungspolitisch übersetzen sich diese, aus sicherheits- und wettbewerbspolitischen Zielen abgeleiteten Prioritäten in die Abkürzung für „Science, Technology, Engineering and Math”, nämlich STEM.
In den USA hat man seit geraumer Zeit erkannt, dass es in den STEM-Fächern mit den Minderheiten zudem noch deutlich unterentwickeltes Potenzial gibt. Zu dessen Nutzung gibt es zahlreiche Initiativen, etwa ein dertzeit mit $45 Mio. ausgestattetes Hispanic-Serving Institutions Program (HSI Program) der National Science Foundation (NSF). In der Presseerklärung zu einer jüngsten Förderentscheidung heißt es: „Hispanics constitute 16 percent of the U.S. workforce, but they make up only 6 percent of the U.S. science, technology, engineering and mathematics (STEM) workforce. More than 60 percent of Hispanic students attend an HSI. NSF‘s HSI Program invests in projects that build capacity and increase retention and graduation rates for STEM students at HSIs.“

Sie finden die Presseerklärung hier.

Ja, es gibt auch das US Department of Education, dessen Amtschefin Betsy DeVos mit dem Vorsatz angetreten war, den Bund so weit wie möglich aus der Regulierung von Bildung zurückzuziehen und – wenn möglich – öffentliche Bildungsinvestitionen den „Bildungsverbrauchern” als Gutscheine zur Verfügung zu stellen, damit sie am „freien Bildungsmarkt” das für sie geeignete Angebot finden und finanzieren können.
Ein Beitrag der New York Times machte Ende vergangenen Jahres allerdings deutlich, dass nicht nur Anhänger der Demokraten, Gewerkschafter und Bürokraten den Plänen der Ministerin im Wege stünden, sondern auch ihr Boss. Es heißt: „Her promised actions have gone nowhere. The culprit (…) is the inflammatory president Ms. DeVos works for (...) and whose language and policies are seen as antagonistic toward low-income minority communities – the very families the secretary has spent 30 years championing.”

Sie finden diesen Beitrag hier.

An einer anderen Front ist DeVos nun allerdings einen guten Schritt weiter gekommen. Ihr Ministerium hat nach einem längeren Prozess der Entscheidungsfindung mitgeteilt, dass man die von der Obama-Administration eingeführte „Gainful Employment Rule” zum 1. Juli 2019 wieder abschaffen werde. Die Regel fordert von Bildungsanbietern den Nachweis, dass ein Bildungsabschluss zur Begleichung der Bildungsschulden in die Lage versetze, und diese Regel betraf in erster Linie gewinnorientierte und gelegentlich auch als „predatory” charakterisierte Anbieter.

Die New York Times schreibt zu dieser Entscheidung des Bildungsministeriums: „In rescinding the rule, the department is eradicating the most fearsome accountability measures – the loss of federal aid – for schools that promise to prepare students for specific careers but fail to prepare them for the job market, leaving taxpayers on the hook to pay back their taxpayer-backed loans. The DeVos approach is reversing nearly a decade of efforts to create a tough accountability system for the largely unregulated for-profit sector of higher education.”

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Inside Higher Education meldet schließlich eine weitere Entwicklung, in der Jared Kushner in seiner Mehrfachfunktion als der in der Verfassung nicht vorgesehene Schwiegersohn Trumps, Senior Advisor to the President und Director des White House Office of American Innovation eine führende Rolle spielen werde. Kushner habe in der vergangenen Woche das erste einer Reihe von geplanten Treffen mit dem Ziel abgehalten, die Akkreditierung von Hochschulen und damit auch ihren Zugang zu öffentlichen Mitteln neu zu regeln. Die Ministerin war wohl nicht dabei. Es heißt: „Among those in attendance at the meeting last week were Diane Auer Jones, the top higher ed official at the Department of Education (…). A spokeswoman for the department confirmed that the White House had held a series of recent meetings focused on higher education and that department officials have been at the table for each.”

Der Beitrag fragt, ob das erwachte Interesse des Weißen Hauses an zentralen Fragen der Hochschulpolitik für das Bildungsministerium eine gute Nachricht sei oder eher eine schlechte. Es heißt: „Judith Eaton, president of the Council for Higher Education Accreditation, said she could not comment on the White House meetings as her group wasn’t involved in them. But she said it was clear that both Congress and the Department of Education are taking an interest in a comprehensive look at the role of accreditation.”

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Ist eine US-Hochschullandschaft ohne Studiengebühren derzeit möglich?
In einem Beitrag fragt Ryan Craig auf Inside Higher Education, ob die Forderung nach einer Befreiung von Studiengebühren für ein grundständiges Studium den USA nicht eine wichtige Grundlage ihrer Hochschullandschaft zerstören könne, nämlich den überparteilichen Konsens, dass Hochschulbildung zu den öffentlich zu finanzierenden Aufgaben gehöre.

Hintergrund des Beitrags sind entsprechende, vor allem auf Seiten der Demokraten gestellte Forderungen, die bereits ihren Platz in Wahlkampfplattformen und auch in aktueller Politik in demokratisch regierten Bundesstaaten gefunden haben. Es heißt: „Last month New Jersey’s governor, Phil Murphy, became the latest Democrat to announce a plan for free college. By my count, Murphy is the fifth Democratic governor to do so, following those in Minnesota, New York, Oregon, and Rhode Island. Numerous Democrats running for governorships have done the same.”

Doch sei die Abschaffung von Studiengebühren für einen ersten Studienabschlusses kein genuin demokratischer Gedanke: „Republican governor Bill Haslam established the Tennessee Promise back in 2014, covering tuition and fees at state community colleges and technical schools. Since then, Republican governors in Arkansas, Kentucky and Nevada have adopted similar plans for free community college.”

Je mehr sich allerdings Politiker bei den Demokraten für ein „Recht” auf kostenlose Hochschulbildung stark machten, desto enger würde auf der anderen Seite des poltischen Spektrums die Wagenburg zusammengezogen, bis hin zu Ansichten, dass Hochschulbildung keine öffentlich zu finanzierende Aufgabe sei: „Free community college began as a bipartisan idea, but Democratic adoption, absorption and extension has made it entirely partisan. In this, free college is following the well-trod path of both global warming and school choice.”

In einer derartig polarisierten Landschaft würde bei Republikanern nicht nur die derzeit etwa von Justizminister Sessions und Kommentatoren auf Fox News vorgetragene Meinung von Hochschulen als weltfremden Orten liberaler Ideologien auf fruchtbaren Boden fallen, sondern die Tatsache einer weitestgehend öffentlichen Finanzierung dieser Orte würde zusätzlich Salz in die Wunde streuen.

Die derzeitige Tendenz dieser Entwicklung sei: „According to a Pew Research Center survey released at the end of July, three-quarters of Republicans now think higher education is headed in the wrong direction. And based on a New America poll in May, some of this divide can be traced to the free-college debate. While 76 percent of Democrats now agree that ‘government should fund higher education because it is good for society,’ only 34 percent of Republicans say the same. Meanwhile, 52 percent of Republicans agree that ‘students should fund their own education because it is a personal benefit,’ compared with only 13 percent of Democrats. (…) Thanks to free college, colleges and universities are losing the support of nearly half the country at a time when they can least afford it.”

Die Alternative zur Polarisierung müsse sein, überparteilichen Konsens im Hinblick auf volkswirtschaftlich auch bereits kurzfristig als sinnvoll erscheinende Bildungs-Investitionen zu erzielen. Als Beispiel könne dabei das Programm ArFuture im tief republikanischen Arkansas dienen, das Community College in STEM-Fächern oder anderen Fächern mit „high demand” von Studiengebühren befreit habe. Es heißt weiter: „If free college were extended to four-year public institutions along these lines, it might just garner Republican support. And that’s the key to a constructive solution instead of the extreme partisanship that seems to have led some Americans to the view that conspiring with a foreign enemy to win the presidency is preferable to letting the other side win.”

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„A Perfect Mess”: Die Hochschullandschaft in den USA
In einem Beitrag für den Chronicle of Higher Education lobt Leonard Cassuto das 2017 erschienene Buch „A Perfect Mess: The Unlikely Ascendancy of American Higher Education” von David Labaree als einen Kursus in „American higher-ed history that you can hold in your hand. (…) A Perfect Mess tells a complicated story with a lot of moving parts, but he makes it gratifyingly easy to follow.” Laut Labarre biete die im vergleichsweise extrem stratifizierte Hochschullandschaft der USA im Ergebnis sowohl ein sich in der Graduiertenausbildung an Forschungshochschulen wiederfindendes „elite element”, als auch das in Deutschland oft stark unterschätzte „populist element” der Undergraduate Education und des Footballs.
 
Sie finden den Beitrag hier.
 
Im mit „A System Without A Plan” überschriebenen ersten Kapitel des Buchs heißt es zum populistischen Element: „The undergraduate college (…) brings in large numbers of undergraduates, who support the rest of the operation financially [im Durchschnitt, so heißt es später, trügen Undergraduate Tuitions rund 20% zu den Einnahmen der Hochschulen bei]. (…) After graduation they make more money than most graduate students in the arts and sciences (students in most professional schools are a different story), and then they make the largest share of donations to the university endowment. It is also political. Drawing in a broad base of political support, with large numbers of students and alumni serving as links between the public and an institution, which, without a large undergraduate program, could easily seem distant and effete. Reinforcing this populist element are the university’s sport programs, which make its logo and school colors part of the regional culture.”

Sie finden das Buch hier.

Kurznachrichten
Der Chronicle of Higher Education beklagt in einem Beitrag das derzeitig zu beobachtende politische Desinteresse von Wählern im typischen Hochschulalter an Midterm Elections und zitiert Nancy Thomas, die Direktorin des Institute for Democracy & Higher Education an derTufts University, mit den Worten: „Voting isn’t generally in the mission statements of colleges and universities. Civic learning often is. One of the things that we need to do is turn elections into those teachable learning moments, and then it fits squarely within the mission of higher education. Some institutional leaders and faculty members have had trouble articulating that connection.”

Sie finden den Beitrag hier.

Der Beitrag stützt sich auf jüngste Zahlen des Instituts, wonach bei den Midterms 2014 zwar 62% der Studierenden an Colleges zwar als Wähler eingeschrieben gewesen, doch nur 12% dann auch tatsächlich zur Wahl gegangen seien. Im Hinblick auf die anstehenden Midterms (der ersten landesweiten Stimmungsumfrage hinsichtlich der Trump-Administration) heißt es folglich: „Political learning and engagement should be pervasive, and it should happen year-round, and every year, which is why we refer to this work as ‘Politics 365’.”

Sie finden die Zahlen hier.

Der Chronicle of Higher Education meldet den Versuch des Florida Institute of Technology, gegen den derzeitigen Trend der Abschaffung von Tenure-Positionen diese nach 60 Jahren Tenure-freien Bestehens endlich einzuführen, um mit anderen kompetitiven Hochschulen mithalten zu können. Es heißt: „Florida Tech’s move demonstrates an abiding reality about tenure: that, despite the critiques, it remains an important competitive factor for colleges seeking to draw top talent. The institution is introducing tenure explicitly to bolster its faculty, and to elevate its standing in national rankings.”

Sie finden die Meldung hier.

Ein Beitrag der New York Times widmet sich den „Transfer Students” von zweijährigen Colleges als einem zunehmend für vierjährige Hochschulen an Bedeutung gewinnenden Rekrutierungsziel. Es heißt: „Transfer students – whose challenges have often been ignored in higher education – are feeling a surge in popularity as colleges and universities are increasingly wooing them. (…) The University of California system announced that it has accepted more transfer students than ever before. And in a move that is perhaps more symbolic than substantive, Princeton University has, for its 2018 class, accepted 13 transfer students, the first such students it has enrolled since 1990.”
 
Sie finden diesen Beitrag hier.

Aktuelle Zahlen und Berichte des National Institute for the Study of Transfer Students (NISTS) finden Sie hier.
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Redaktion:
Dr. Nina Lemmens, Stefan Altevogt, Katrin Kempiners
 
Bildnachweis:
Rainer Sturm/pixelio.de
 
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