Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
|
|
Die Themen dieser Woche:
- Executive Order des US-Präsidenten für die US-Hochschullandschaft
- Das Ende der Internationalisierung US-amerikanischer Hochschulen?
- Gemischte Ergebnisse bei Versuchen zur Studienbefähigung
- Kurznachrichten
|
|
Liebe Leserinnen und Leser,
in dieser Ausgabe befassen wir uns mit der Executive Order „Improving Free Inquiry, Transparency, and Accountability at Colleges and Universities” des US-Präsidenten und mit dem vorläufigen Ende einer Phase wachsender Internationalisierung US-amerikanischer Hochschulen. Wir werfen zudem einen Blick auf erste Ergebnisse eines Versuchs in Florida, dort die Studienbefähigung effektiver zu gestalten, und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche.
Ich wünsche Ihnen wie immer eine interessante Lektüre.
Stefan Altevogt
|
|
Executive Order des US-Präsidenten für die US-Hochschullandschaft
|
|
US-Präsident Donald Trump hat am 21. März eines seiner Wahlversprechen umgesetzt und in einer Executive Order mit dem Titel „Improving Free Inquiry, Transparency, and Accountability at Colleges and Universities” verpackt. Darin werden die Hochschulen des Landes auf sieben Seiten im Wesentlichen angewiesen, auch weiterhin die Dinge zu tun, zu denen sie als Empfängerinnnen öffentlicher Mittel bislang schon verpflichtet waren, nämlich: „Institutions of higher education (...) should be accountable both for student outcomes and for student life on campus.” Das „red meat”, also das Signal an seine Wähler, dass nun alles ganz anders und sehr viel besser werden würde, wird dann im folgenden Satz geliefert, der lautet: „In particular, my Administration seeks to promote free and open debate on college and university campuses. Free inquiry is an essential feature of our Nation’s democracy, and it promotes learning, scientific discovery, and economic prosperity.”
Sie finden die Executive Order
hier
.
Inside Higher Education illustriert einen Beitrag mit dem Bild von der Unterzeichnung der Executive Order im Weißen Haus, das Trump umgeben von Studierenden zeigt, die an ihren jeweiligen Hochschulen entweder mit strittigen Äußerungen oder dem Versuch der Präsentation nur auf Provokation zielender Redner angeeckt waren. Der Beitrag hebt hervor, dass es wegen des Pomps der Unterzeichnung und der Rhetorik im Anlauf zur Executive Order auf der einen Seite und der weitgehenden Gewöhnlichkeit des Inhalts auf der anderen nicht ganz einfach herauszufinden sei, was sich künftig ändern werde. Es heißt: „A senior administration official told reporters on Thursday that federal agencies will enforce it the same way they enforce existing federal grant conditions, which colleges already are required to follow. The official didn’t address details about how the order would be implemented.”
Sie finden den Beitrag
hier
.
Der Chronicle of Higher Education erörtert in einem Beitrag denn auch weniger die konkreten Auswirkungen der Executive Order als vielmehr die in ihr verborgenen politischen Risiken. Es heißt: „The executive order that President Trump signed on Thursday, designed to protect free speech on college campuses, was less harsh than many critics had feared. Still, controversy clung to the measure, with constitutional-law scholars and higher-education leaders calling it unnecessary and potentially dangerous.”
Der Beitrag zitiert Stellungnahmen aus zwei wichtigen Hochschul- und Bildungsverbänden des Landes, die beide bemängeln, dass hier unter dem Vorwand des Schutzes des freien Gedankenaustauschs die Hochschulen des Landes an eine sehr viel kürzere politische Leine genommen werden sollten. Peter McPherson, Präsident der Association of Public and Land-Grant Universities (APLU), wird mit den Worten zitiert: „Under this executive order, politically appointed department and agency heads have been directed to take action that could, as President Trump suggested, strip or block federal research funding from universities they subjectively believe aren’t adequately permitting the diverse debate of ideas.” Ähnlich äußere sich der Präsident des American Council on Education (ACE), Ted Mitchell, der die Executive Order als weder nötig noch erstrebenswert bezeichne und die Vitalität der Landschaft US-amerikanischer Forschungshochschulen durch ministerielles Mikromanagement gefährdet sehe.
Sie finden diesen Beitrag
hier
.
Sie finden die APLU-Stellungnahme
hier
.
Sie finden die ACE-Stellungnahme
hier
.
Ein weiterer Beitrag rät zur Erhellung des Kontextes und der Zielrichtung der Executive Order zur Lektüre einiger Texte, die sich mit der „Weaponization of Free Speech” durch die politische Rechte und infolgedessen der leichten Angreifbarkeit von Hochschulen befassen. Leon Botstein, Dirigent und Präsident des Bard College, wird aus einem Essay mit den Worten zitiert: „A disturbing hypocritical piety persists sometimes in the rhetoric of the defense of free speech: that hypocrisy is what Trump exploits. … The university is viewed as in some way papering over or even implicitly defending inequities and injustices. We have to find a way to counter that claim and separate the idea of freedom of speech and academic freedom from any tacit alliance with those injustices.”
Sie finden diesen Beitrag
hier
.
In einem Beitrag für Inside Higher Education erläutert der Präsident des Union College, David Harris, warum eine saubere Unterscheidung zwischen zwei Werten in der Debatte notwendig sei, nämlich akademischer Freiheit und die Freiheit von Meinung. Letztere werde in ihrer reinsten Form dann ausgeübt, wenn jemand einfach nur seine Meinung sage, ganz egal, was diese Meinung sei. Es folge: „[The person] then leaves, after which someone with an opposing perspective does the same. The speakers do not grow as a result of the experience, and the audience has no opportunity to probe the opposing points of view. Such an exercise is guaranteed by the Constitution, and I wholeheartedly support the exercise of free speech in public spaces.”
Auf einem Hochschul-Campus müsse man aber mehr wollen, nämlich einen sinnvollen weil fruchtbaren Austausch von Meinungen mit dem Ziel des Lernfortschritts. Er schreibt: „One key element is an explicit and stated goal of understanding. Another is that speakers must take unscreened, sincere questions from the audience, and they are expected to respond respectfully. And finally, speakers must have evidence and reasoned arguments to support their views, given that both form the foundation upon which knowledge and wisdom rest.”
Einfach nur freie Rede nutze im akademischen Umfeld allenfalls der Provokation und daher folgert Harris: „A Campus Is Not the Place for Free Speech.”
Sie finden diesen Beitrag
hier
.
Dass sich Studierende an US-amerikanischen Hochschulen derzeit gelegentlich im Hinblick auf die „Free Speech on Campus”-Debatte keinen Gefallen tun, belegt eine Meldung auf Inside Higher Education, in der es heißt: „In a raucous performance-inspired protest, students at Beloit College on Wednesday shut down a planned speech by Erik Prince, an associate of President Trump and the controversial founder of the security company Blackwater. Administrators canceled Prince’s chat following student protests in which they banged on drums and built a barricade of chairs on the stage where Prince was due to give his talk. The incident was the latest in a string of free expression occurrences on college campuses where students have intentionally drowned out speakers whose views they find distasteful. Most controversial speakers who seek to address campuses are able to do so, though episodes like this one have led to calls for colleges and universities to do more to prevent speech-interrupting protests.”
Sie finden die Meldung
hier
.
|
|
Das Ende der Internationalisierung US-amerikanischer Hochschulen?
|
|
„The era of internationalization might be over, or on life support.” Mit diesem Satz zitiert ein Beitrag von Karin Fischer im Chronicle of Higher Education Philip Altbach, den Gründungsdirektor des Center for International Higher Education am Boston College. Der Beitrag ist überschrieben mit „How International Education’s Golden Age Lost Its Sheen” und beschreibt an einigen prominenten Beispielen die derzeit sich deutlich verstärkenden Konzentration US-amerikanischer Hochschulen auf ihre nationale Bedeutung und entsprechend die geringere Priorisierung von Internationalisierung. Zwischen 2006 und 2017 habe es Erhebungen der Association of International Education Administrators zufolge einen bemerkenswerten Wandel in Mission Statements und Strategiepapieren von Hochschulleitungen gegeben, nämlich einen Anstieg von Internationalisierung als „High Priority” in 48% der Strategiepapiere 2006 über 60% in 2011, 53% in 2014 und 47% in 2017. Es heißt: „Some colleges are retrenching, while others try to sustain a global footprint. If the past era was one of empire building, internationalization’s adherents today are playing defense.”
Das „Goldene Zeitalter” der Hochschulinternationalisierung habe seinen Beginn mit der nach dem Terrorangriff vom 11. September 2001 einsetzenden Einsicht genommen, dass man die Welt besser verstehe, wenn man sich ihr öffne, nicht, wenn man die Grenzen schließe. Man könne aber dennoch nicht das Ende der „golden era” dem wachsenden Nationalismus ankreiden, dessen Ergebnis im Weißen Haus Donald Trump sei. Fischer schreibt: „The president, after all, wasn’t the one that decimated college foreign language programs, shutting down 650 in just three years. His policies have little bearing on the drop-off in the share of institutions reporting that internationalization is a high priority in their strategic plans, from 60 percent, in 2011, to 47 percent in 2017.”
Man müsse sich durchaus die Frage gefallen lassen, ob die Bekenntnisse zur Internationalisierung in der Vergangenheit nicht allenfalls lauwarm gewesen seien, eine eher gefällige Begleitmusik zur Attraktivität der USA für die wachsende Kohorte international mobiler Studierender, die zuletzt $39 Mrd. pro Jahr in die US-amerikanische Volkswirtschaft eingezahlt hätten. Globalisierung und mit ihr Internationalisierung US-amerikanischer Hochschulen hätten derzeit ein beträchtliches politisches Imageproblem. Es gäbe wohl einen Paradigmenwechsel, das der Beitrag an Hand der Titel zweier Bücher illustriert: „Goodbye to The World Is Flat, Thomas Friedman’s paean to globalization. We’re now in the era of J.D. Vance’s Hillbilly Elegy, an evocation of those it left behind.”
Sie finden den Beitrag
hier
.
Ein Beitrag des kanadischen Fernsehsenders CTV macht deutlich, dass der bemerkenswerte Erfolg der dortigen Hochschullandschaft bei der Rekrutierung internationaler Studierender bereits in der Oberschule anfange und dass entgegen der Annahme stets zahlungskräfiger Elternhaushalte internationaler Studierender mögliche finanzielle Unterstützung durchaus ein wirksames Rekrutierungsinstrument sein könne. Es heißt: „In many cases, the international student journey in Canada begins before post-secondary education, reports CTV News. The article highlights a growing trend of local school boards across the country that are actively recruiting international students to reverse declining enrolments and funding shortfalls. CTV adds that while it is a common belief that many international students come from affluent backgrounds, a soon-to-be-published survey from Western University shows that 81% of international graduate students claim to be struggling financially.”
Sie finden diesen Beitrag
hier
.
|
|
Gemischte Ergebnisse bei Versuchen zur Studienbefähigung
|
|
In den USA – wie vermutlich auch anderswo in der Welt – nimmt die ernsthafte Suche nach einem Königsweg zur Studienbefähigung einen breiten Raum ein, in den USA besonders auch deshalb, weil Studienerfolg (gemessen an Studienabschluss innerhalb von 150% der Regelstudienzeit) statistisch noch erstaunlich gering verbreitet ist.
Inside Higher Education berichtet in diesem Zusammenhang über erste Erkenntnisse aus einem Versuch in Florida, dort die Handhabung von Einführungskursen für Studienbeginner neu und effektiver so zu regeln, dass durch eine intensivere Betreuung dort die Studierenden in Einführungskursen auf Niveau gebracht werden, statt Brückenkurse ohne Credit vorzuschalten. Es heißt zum Erfolg: „More first-time college students, including black and Hispanic students, passed the college-level math and English courses, also known as ‘gateway’ courses, after the law went into effect in 2014. While other states have made big moves to reform college-based remedial education, Florida remains the only state that allows students to opt in to a gateway course.”
Dennoch dürften die Schwächen der Ergebnisse in Florida nicht übersehen werden, denn die erforderliche pädagogische Betreuung könne nicht überall gewährleistet werden und Erfolge in urbanen Verdichtungsräumen stünden deutlich schlechteren Ergebnissen in ländlicheren Regionen gegenüber. Doch in jedem Fall würde sich die Konzentration auf eine effektivere Vorbereitung der Studierenden im Hinblick auf die Studienkosten für die Studierenden selber und auch für die Hochschulen lohnen. Dazu wird Christopher Mullin, Direktor einer Lobbyorganisation für eine verbesserte Studienbefähigung mit dem Titel „Strong Start to Finish”, mit den Worten zitiert: „We don’t know how much of a cost savings there is to an institution … in all cases it’s making college more affordable for students, and for institutions it’s reducing the amount of money they have to spend to get to graduation.”
Sie finden den Beitrag
hier
.
Sie finden die Untersuchung
hier
.
|
|
Sogenannte „Trigger Warnings”, also Warnungen an Studierende, dass im Unterricht Begriffe oder Inhalte behandelt würden, die zu Irritationen führen könnten, seien einem Beitrag auf Inside Higher Education zufolge weitgehend wirkungslos. Der Beitrag bezieht die Einsicht aus einer jüngst in Clinical Psychological Science veröffentlichten Untersuchung mit dem Titel „Trigger Warnings Are Trivially Helpful at Reducing Negative Affect, Intrusive Thoughts, and Avoidance”, die zum Ergebnis kommt, dass derartige Warnungen weder nützlich noch schädlich seien. Der Beitrag bezweifelt allerdings, dass diese Einsicht das Ende der „Trigger Warnings” einleiten würde. Dazu seien sie – trotz vielfacher Bedenken, sie könnten in die akademische Freiheit eingreifen – schlicht zu weit verbreitet. Es heißt: „A 2015 survey of faculty members by the National Coalition Against Censorship found that more than half of professors had had issued ‘warnings about course content,’ such as in a syllabus, and 23 percent said they’d done so several times or regularly.”
Sie finden den Beitrag
hier
.
Sie finden die Untersuchung
hier
.
Anfang März hatte die University of California ihren Vertrag mit dem wissenschaftlichen Verlagshaus Elsevier gekündigt, weil die Verhandlungen über für das Hochschulsystem bessere Vertragsbedingungen gescheitert waren. Diese Entscheidung hat zusätzliche Dynamik in die Auseinandersetzung zwischen privatwirtschaftlichen und gewinnorientierten Verlagen auf der einen Seite und öffentlich finanzierter Forschung auf der anderen Seite gebracht. Nun haben einer Meldung auf CBC zufolge auch die drei kanadischen Councils zur Förderung von Grundlagenforschung Position in diesem Streit bezogen und verlangten, dass Ergebnisse öffentlich finanzierter Forschung nicht mehr länger hinter Paywalls versteckt werden dürften. Es heißt zum Umfang dieser Paywalls: „Last year, Canadian university libraries reportedly paid more than $300M to research journals, including those containing papers generated by the universities’ own professors.”
Sie finden die Meldung
hier
.
Während zahlreiche Beschuldigte im „College Admissions Scandal” in den ersten Anhörungen vor Gericht auf „nicht schuldig” plädiert haben, befasst sich die New York Times mit der zuletzt noch gestiegenen Selektivität einiger der Hochschulen im Zentrum des Skandals. Es heißt: „Several of the elite colleges named in court papers in the cheating scandal set admissions records this week. Yale’s admission rate sank to 5.91 percent from 6.31 percent last year, or 2,178 students out of a record-high pool of 36,843. The rate was 11 percent at the University of Southern California, the lowest ever, out of 66,000 freshman applications.”
Sie finden diesen Beitrag
hier
.
|
Dieser Newsletter wird bereitgestellt von:
DAAD Außenstelle New York, 871 United Nations Plaza New York, NY 10017, rechtlich vertreten durch Frau Dr. Dorothea Rüland,
Deutscher Akademischer Austauschdienst e.V., Kennedyallee 50, 53175 Bonn
Tel:
(212) 758-3223
Vereinssitz:
Bonn (Deutschland), eingetragen beim Amtsgericht Bonn, Registergericht VR 2105
Redaktion:
Benedikt Brisch, Stefan Altevogt, Jessica von Tresckow
Bildnachweis:
Rainer Sturm/pixelio.de
Haftungshinweis:
Wir übernehmen keine Haftung für die Inhalte Dritter. Für den Inhalt verlinkter Seiten sind ausschließlich deren Betreiber zuständig.
Copyright © by DAAD e.V. Der Inhalt dieses Newsletters ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung des Textes - auch auszugsweise – und der Bilder ohne vorheriges schriftliches Einverständnis des DAAD ist nicht gestattet.
Abmeldung:
Wenn Sie diesen Newsletter nicht mehr empfangen möchten, klicken Sie bitte auf 'Unsubscribe' unten am Ende dieser E-Mail.
|
|
|
|
|
|
|