Ausgabe ___ | March 29 2017
16. April 2018
Nordamerika Nachrichten
Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
Themen dieser Woche:

  • Wachsendes Angebot an Turbo-Bachelors in den USA
  • Hochschulen auf der verstärkten Suche nach „Vollzahlern”
  • Automation und künstliche Intelligenz im Hochschulalltag
  • Kurznachrichten
Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser Ausgabe befassen wir uns mit einem derzeit in den USA wachsenden Angebot an Bachelor-Programmen mit kürzerer Dauer als den derzeit als Regelstudienzeit geltenden vier Jahren und mit der wachsenden Neigung US-amerikanischer Hochschulen, vor allem solche Studierende zu rekrutieren, deren Familien einen hohen Deckungsbeitrag zu den Studienkosten leisten können. Wir werfen zudem einen Blick auf die zunehmende Bedeutung von Automation und künstlicher Intelligenz auch im Hochschulalltag und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche. 

Ich wünsche Ihnen wie immer eine interessante Lektüre.

Stefan Altevogt
Wachsendes Angebot an Turbo-Bachelors in den USA
Der Chronicle of Higher Education hat eine Reihe von Beiträgen zur Frage zusammengestellt: „4 Years for a Bachelor’s? Who’s Got the Time?” Es heißt: „Colleges are increasingly offering three-year B.A.s and other accelerated programs in response to a growing market of money-conscious go-getters and career changers.”

Infolge der „Great Recession” nach der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008, so der erste Beitrag, habe man sich an der State University of New York in Potsdam darüber Gedanken gemacht, wie man die Kosten für ein Studium zumindestens für den auffassungsbegabteren Teil der Studierenden deutlich, nämlich um 25%, reduzieren könne und sei auf den naheliegenden Gedanken gekommen, das Curriculum in drei statt vier Jahren unterzubringen. In Potsdam hätten die Studierenden allerdings nichts davon wissen wollen: „In seven years, not a single student at Potsdam, a public university with nearly 3,500 undergraduates, has taken advantage of the official three-year track.”

Anders sei es hingegen an Purdue University in Indiana, wo man das Programm „Degree in 3” vor allem unter Studierenden in den STEM-Fächern aggressiv und erfolgreich beworben habe. Dies habe freilich auch mit der Person des Präsidenten der Hochschule, Mitch Daniels, zu tun, der in seiner Zeit als Gouverneur des Bundesstaates stark für eine Kostenreduzierung der Hochschulbildung eingetreten sei.
Die Möglichkeit eines schnelleren Studienabschlusses, etwa durch Anrechnung von Advanced Placement Kursen, sei dabei eigentlich nicht neu. Neu sei, dass Hochschulen eigens Programme für einen Turbo-Bachelor auflegten und diese entsprechend bewerben. Bryan D. Caplan, Ökonom an der George Mason University wird dazu mit den Worten zitiert: „As long as the university doesn’t mess up the reputation of the brand, then I think it’s going to be a very good deal for students who are willing to work harder. If you can figure out a way to get people over that finish line earlier, then you’re golden.”

Sie finden den Beitrag hier.

A n der Lynn University in Florida, so ein weiterer Beitrag, seien mittlerweile 20% der Studierenden auf dem Fast-Track, der für alle Programme außer in Musik und Pädagogik angeboten werde. Der Grund, warum man mittlerweile auf eine so hohe Beteiligung komme, sei unter anderem die Einsicht, dass nicht nur die allerbesten Absolventen von Oberschulen geeignet sein könnten, sondern auch die guten Absolventen. Die Zahlen könnten sich sehen lassen: „A recent study that measured the program’s first five years found that 62 percent of students completed it within three years, and 75 percent completed it in four.”

Die Hochschule habe sich mit dem Fast-Track ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen, wie Umfrageergebnisse zeigten: „Preliminary data from a survey distributed to students now in the three-year program found that 86 percent said the three-year track had influenced their decision to enroll at Lynn. Forty-three percent said they had enrolled for cost savings, 40 percent to complete their degrees faster, and 10 percent for the academic rigor.”

Sie finden diesen Beitrag hier.

Ei n dritter Beitrag wirft schließlich einen Blick auf einen weiteren möglichen Grund, warum sich US-amerikanische Hochschulen verstärkt um schnellere Abschlüsse bemühten. Der erfolgreiche Einstieg in das Berufsleben ließe sich mittlerweile ja auch zum Beispiel mit Intensivkursen für Programmiersprachen bewerkstelligen und zahlreiche Hochschulen würden bereits sogenannte Coding Boot Camps anbieten. Dazu heißt es: „At the University of Central Florida, a 12-week full-time or 24-week part-time boot camp is offered through a partnership with Trilogy Education Services (...). Similar programs with Trilogy are offered at the University of California at Los Angeles, the University of Texas at Austin, and about 30 other colleges in North America (...).” Solche Intensivkurse für Preise zwischen $8.000 und $10.000 könnten konzeptionell zu einer Konkurrenz für die herkömmlichen Bildungsangebote an den Hochschulen werden und dadurch könnten Turbo-Bachelors als eine Art Mittelweg möglicherweise attraktiv werden.

Sie finden diesen Beitrag hier.
Hochschulen auf der verstärkten Suche nach „Vollzahlern”
In einem Beitrag für die New York Times zeichnen die beiden Bildungsforscherinnen Ozan Jaquette und Karina Salazar anhand von zahlreichen Daten die sich verstärkende Tendenz von Hochschulen nach, ihre künftigen Studierenden in Bezirken mit höherem Familieneinkommen zu rekrutieren. Es heißt: „Colleges tout their commitment to diversity, but the way they recruit students tells a different story.” Je weißer und wohlhabender die jeweiligen Oberschulen seien, desto größer sei die Wahrscheinlichkeit eines Besuchs von Rekrutierern besserer Hochschulen. Die typische Oberschule, die etwa von Vertretern der Stony Brook University, dem forschungsstärksten Standort der State University of New York, besucht wurde, hatte einen durchschnittliches Familieneinkommen von $110.000. Um Oberschulen mit einem durchschnittlichen Familieneinkommen von weniger als $70.000 machte man hingegen einen Bogen.
Die Logik dahinter sei leicht nachzuvollziehen. Landesweit hätten etwa ein Drittel aller Haushalte ein Einkommen von über $100.000 pro Jahr. Wenn man sich in den Kalkulationen der Hochschulen für Studienanfänger die Beträge anschaue, die als „Eigenanteil” zu den Studienkosten erwartet würden, wundere es nicht, dass Rekrutierungsbesuche in Distrikten mit Familieneinkommen von $100.000 und darüber etwa die Hälfte aller Rekrutierungsbesuche ausmache. Das private Connecticut College besuche etwa Schulen an denen die durchschnittlichen Familieneinkommen bei $121.000 lägen.

Die Flaggschiffe unter den öffentlich finanzierten Hochschulen rekrutierten zwar innerhalb der eigenen Bundesstaaten deutlich egalitärer, also mit fast gleicher Intensität auch an Schulen mit geringerem Familieneinkommen, doch außerhalb der Bundesstaaten, dort also, von wo die Studierenden dann das zwei- bis dreifache an Studiengebühren mitbringen müssen, rekrutierten die starken öffentlichen genauso wie die privaten, nämlich vornehmlich in den wohlhabenderen Schichten. Der Grund dafür sei hinlänglich bekannt: „The attention public universities lavish on wealthy out-of-state schools is a response to state policy. Over the past decade, many states have cut funding for higher education, forcing public universities to become more dependent on tuition revenue. Research shows that public universities responded by enrolling more out-of-state students, who often pay two to three times more than state residents. And of course, only well-off students can afford that.”

Sie finden den Beitrag hier.
Automation und künstliche Intelligenz im Hochschulalltag
Der Chronicle of Higher Education wirft in einem Beitrag einen Blick auf die Möglichkeiten von Automation und künstlicher Intelligenz bei den Bemühungen, Hochschulen effizienter und leistungsfähiger zu gestalten. Kann man das zitierte Beispiel der Optimierung des Blumengießens und Rasensprengens an der University of Texas in Austin, wo man den Wasserverbrauch innerhalb der letzten zehn Jahre um 80% habe reduzieren können, noch dem Bereich der computergestützten Optimierung zurechnen, so lasse ein anderes Beispiel erahnen, welches Potenzial in Programmen stecke, die nicht nur automatisierten, sondern auch schnell und gründlich lernfähig seien. An der Georgia State University sähe man zwei Herausforderungen gegenüber. Zum einen 52.000 Studierende, zum anderen mit fast 60% von ihnen als Empfänger elternabhängiger Studienförderung (Pell Grants) eine große Anzahl von Studierenden, die vor allem zu Studienbeginn ein überdurchschnittlich hohes Maß an Betreuung bräuchten, damit sie nicht in der Statistik der Studienabbrecher landeten. Auf der anderen Seite könne sich Georgia State nicht ein professionelles Call Center mit Dutzenden Mitarbeitern leisten, um die vielen Anfragen allein an das Financial Aid Office – zu Semesterbeginn gerne auch mal 2.000 pro Tag – zu bewältigen.

Man habe nach einer technologischen Lösung suchen müssen und diese wohl auch gefunden: „Georgia State became the first university to work with AdmitHub, a company that has developed chatbots to communicate with college students through texting. AdmitHub’s technology relies on a branch of artificial intelligence known as natural-language understanding, which takes a statistical approach to interpreting an incoming message and locating an appropriate response from a database of possible answers. The software has to do a lot of work. (...) If the software determines that there’s a high probability that it has chosen the correct answer from its database – the one at Georgia State includes the answers to the 2,000 most common queries – it responds to the student automatically. If it’s less than 95 percent certain, it refers the question to a human staff member, and the correct answer is added to the database.”
Die Investition scheinen sich auszuzahlen. Seit der Einführung der Software vor zwei Jahren seien 200.000 Anfragen von Studierenden beantwortet worden und der sogenannte „Summer Melt”, also das Ausscheiden von Studienanfängern aus dem Studium während der Sommersemesterferien, sei um 20% zurückgegangen.

Sie finden den Beitrag hier.
Kurznachrichten
Inside Higher Education befasst sich in einem Beitrag mit der Lawrence University, einem Small Liberal Arts College (SLAC) im Bundesstaat Wisconsin, und den Bemühungen dort, zu einer Gruppe von derzeit landesweit 65 Hochschulen zählen zu dürfen, die als sogenannte „full-need colleges” bei nachgewiesener Bedürftigkeit per Vollstipendium das Studium ermöglichen. Auf Studiengebühren verzichten zu können, erfordere in der Regel Einkommen aus einem deutlich nennenswerteren Stiftungsvermögen, als dem der Lawrence University. Der Präsident der Hochschule, Mark Burstein, habe daher eine Kampagne unter dem Motto „Full Speed to Full Need” gestartet, bei der innerhalb von vier Jahren fast $75 Mio.
zusammengekommen seien, davon $30 Mio. von einem anonymen Spender. Lawrence University sei leider nicht der vorherrschende Trend. Ein Mitarbeiter des Think Tanks New America wird dazu mit den Worten zitiert: „It’s a nice change to see a school trying to go to full need. Most private colleges are going in the opposite direction and providing more non-need-based aid, more merit aid, and meeting less need. It sounds like Lawrence is doing the right thing. Schools are becoming less generous to poor students and trying to get more wealthy students. And the share of students who are low income is dropping.”

Sie finden den Beitrag hier.

Die New York Times widmet sich in einem Beitrag der zunehmenden Tendenz in Familien auch aus mittleren Einkommensschichten, ihre Kinder zunächst einmal in die deutlich kostengünstigeren Community Colleges zu schicken. Es heißt: „Community colleges have long catered to low-income students who dream of becoming the first in their families to earn a college degree. And for many, that remains their central mission. (...) A 2017 study that looked at tax records and college attendance data found that hundreds of two-year colleges are now magnets for well-off students, with many (...) having clocked notable increases. More recently, colleges like Northern Virginia Community College have reported their own increases. The number of first-time students there whose family income is $60,000 or above rose 69 percent, to 6,104 this past year from 3,610 in 2010.”

Sie finden diesen Beitrag hier.

Mit der Bekanntgabe der zweiten, diesmal 24 Personen umfassenden Kohorte der Kampagne „Canada 150 Research Chairs” feiert die kanadische Wissenschaftsministerin Kirsty Duncan internationale Rekrutierungserfolge. Sie wird in einer Presseerklärung mit den Worten zitiert: „It is a privilege to celebrate our new Canada 150 Research Chairs whose contributions to research will help support a stronger economy and a growing middle class. Their arrival also represents a brain gain for our country; a country that is earning its reputation for being open, diverse and welcoming to the scientists and strivers of the world.”

Sie finden die Presseerklärung hier.

Inside Higher Education bietet eine Veröffentlichung mit dem Titel „New Strategies to Navigate International Enrollments” an.

Sie finden sie hier.
Impressum


Dr. Nina Lemmens
Stefan Altevogt, Katrin Kempiners, Redaktion

Sie erhalten diese Nachricht als Newsletter-Abonnent der DAAD Außenstelle New York.

Copyright © by DAAD New York. Der Inhalt dieses Newsletters ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung des Textes - auch auszugsweise - ohne vorheriges schriftliches Einverständnis von DAAD New York ist nicht gestattet.