Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
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Themen dieser Woche:
- US-Hochschulen in der Ära Trump
- „Test-Optional”: Mehr Hochschulen verzichten auf standardisierte Zulassungstests
- Erfolgsprognosen für Studienleistungen
- Kurznachrichten
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Liebe Leserinnen und Leser,
in dieser Ausgabe befassen wir uns mit einem Dilemma US-amerikanischer Hochschulen und mit dem immer beliebter werdenden Verzicht auf die standardisierten Tests SAT und ACT bei Studienbewerbungen. Wir werfen zudem einen Blick auf eine Untersuchung zur Frage, welche Kriterien bzw. Kriterienbündel zur Voraussage von Studienerfolg geeignet sind, und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche.
Ich wünsche Ihnen wie immer eine interessante Lektüre.
Stefan Altevogt
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US-Hochschulen in der Ära Trump
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Die Anhörungen von Christine Blasey Ford und Brett Kavanaugh am vergangenen Donnerstag im Senate Judiciary Committee warfen ein weiteres Schlaglicht auf die derzeitige Zerrissenheit in der US-amerikanischen Politik, die – so steht zu befürchten – eine Zerrissenheit der Gesellschaft widerspiegelt. Die prominenteren Hochschulen des Landes, etwa Cornell University, Middlebury College oder Berkeley, waren bislang vor allem als Austragungsort einer von eher konservativen Kräften entfachten Debatte um die Frage in Erscheinung getreten, ob auch einzig auf Verletzung zielende Meinungsäußerungen an Hochschulen erlaubt sein müssten.
Mit der laufenden Senatsbestätigung von Kavanaugh sind allerdings auch eher konservative Traditionen von Hochschulen Gegenstand des Interesses und einer möglicherweise beginnenden Aufarbeitung geworden. Dies nicht zuletzt, weil die mittlerweile zum Sprichwort gewordene Beschreibung „Pale, Male, Yale” neben Kavanaugh auch auf andere Inhaber von Spitzenpositionen in der Gesellschaft zutrifft und man an Elitehochschulen nicht mehr so genau weiß, ob man heutzutage noch auf die Funktionsweisen von Old Boys Networks mit all ihren weniger zitierfähigen Details (Fraternities und deren oft trinkfreudigen und misogynen Sitten) stolz sein soll bzw. darf.
Ein Beitrag des Chronicle of Higher Education befasst sich denn in dieser Woche auch mit der Geschichte einer anderen Hochschule der Ivy-League und den Erfahrungen von Frauen, die Anfang der 1970er Jahre an das bis dahin nur männlichen Studierenden vorbehaltene Dartmouth College kamen. Ein anonymer Brief an Jean Passanante sollte ihr unzweideutig klarmachen, dass ihre Anwesenheit an der Hochschule diametral den Zielen entgegengesetzt sei, die die Autoren des Schreibens für „heilig” erachteten.
Es heißt: „Passanante has kept it [the letter] ever since, stored in a file with her college theater programs. This week she decided to post it online, motivated by allegations that Brett M. Kavanaugh exposed his penis to a woman at Yale University when both were students there, and was part of social clubs whose degradation of female students was seen as part of their fabric. The portrait of Kavanaugh, on the doorstep of a lifetime Supreme Court appointment, that she read in news coverage showed an attitude of privilege and entitlement. It enraged her. And it resonated.”
Passanante sei mit ihrer Meinung nicht mehr alleine, dass es nun an der Zeit für Veränderungen sei (es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der letzte Satz im Brief an sie seinerzeit lautete: „Things must change.”). Auch an Yale, der Alma Mater Kavanaughs, und anderen Eliteschmieden hätten vor allem weibliche Studierende und Alumna zunehmend Probleme, sich ihre jeweiligen Erinnerungen schönzugucken. „They recall loud fraternity parties, online and face-to-face harassment, and campus assaults. The privileged, they say, took what they wanted and left their messes for somebody else to clean up.”
Sie finden den Beitrag mit einem Foto des Briefes
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Ein weiterer Beitrag des Chronicle of Higher Education befasst sich mit einem Problem, das in erster Linie die Hochschulen in den „Südstaaten” betrifft, also den Bundesstaaten, die sich über die Frage der Abschaffung der Sklaverei aus den USA herauslösen wollten, die in dem darüber geführten Bürgerkrieg unterlegen waren, in denen man sich aber dennoch häufig, gerne und am liebsten im Schatten eines Monuments der „guten alten Zeit und deren Helden” erinnert. Mit dem „Memorial to Civil War Soldiers of the University” stand ein solches Monument bis zum 20. August dieses Jahres mitten auf dem historischen Teil des Campus der University of North Carolina at Chapel Hill. Dann stürzten Studierende das als „Silent Sam” bekannte Standbild um.
Sam sei laut Beitrag zwar eher unehrenhaft in einem Müllwagen abtransportiert, aber nicht eingeschmolzen worden, was die Kanzlerin der Hochschule, Carol L. Folt, nun in eine äußerst unangenehme Situation gebracht habe. Es heißt: „The dilemma is clear. On a state-university campus that largely wants to purge itself of the statue, in a state whose residents don’t, Folt is in a bind. The academic community, in a flurry of petitions it’s hard to keep track of anymore – 41 department heads here, more than 400 faculty members there – has demanded that the chancellor take a more forceful stand against the return of the statue. At the same time, the board members to whom Folt answers, the legislators who control the spigots of university money, and the residents of the state whose taxes support the institution also have demanded justice – for Silent Sam. In a deluge of emails obtained by The Chronicle and other publications, former students and North Carolinians demanded that the statue be re-erected and those who yanked it down brought to heel immediately.”
Folt sei dafür bekannt gewesen und 2013 eingestellt worden, auch mit sehr gegensätzlichen Positionen ein Konsensgebäude bauen zu können. Ihre Stelle als Provost und Interim President an einer privaten Hochschule (Dartmouth College) habe sie aber vermutlich nicht ausreichend auf ein Navigieren in stark politischen Strömungen vorbereitet. Ein Mitglied der damaligen Findungskommission wird dazu mit den Worten zitiert: „We were (...) naïve in thinking that someone who wanted to please all sides was going to be helpful in the current political climate in North Carolina.”
Es werde sich vermutlich rasch und zwar am Schicksal von Silent Sam zeigen, ob Folt tatsächlich die auf den ersten Blick unauflöslich erscheinenden Widersprüche an UNC werde lösen können. Ihr Kompromissvorschlag laufe darauf hinaus, die Statue wieder auf ihren Sockel zu stellen, das gesamte Monument aber an einen weniger prominenten Ort auf dem Campus zu verpflanzen. Silent Sam habe nach ihren Worten „a place in our history and on our campus where its history can be taught, but not at the front door of a safe, welcoming, proudly public research university.”
Sie finden diesen Beitrag
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In einer Sonderausgabe befasst sich der Chronicle of Higher Education schließlich mit verschiedenen Beispielen von Vergangenheitsbewältigung US-amerikanischer Hochschulen, etwa dem Erbe von Woodrow Wilson an Princeton University, John Calhoun an Yale oder Jefferson Davis an der University of Texas at Austin. Die Frage laute derzeit oft: „What’s in a name? And what is a university’s responsibility when the name on a statue, building, or program on campus is a painful reminder of harm to a specific racial group?” Es heißt weiter: „This 28-page collection looks at how universities have been grappling anew with those questions and trying different approaches to resolve them.”
Sie finden die Ausgabe
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Test-Optional": Mehr Hochschulen verzichten auf standartisierte Zulassungstests
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Aus Anlass der Jahrestagung der National Association for College Admission Counseling (NACAC) in Salt Lake City befasst sich Inside Higher Education mit dem zunehmenden Verzicht auch selektiver Hochschulen auf die gängigen Zulassungstests und schreibt: „Bowdoin [College] is about to hit 50 years without requiring SAT or ACT. More colleges are following suit, and University of California announces it will study whether value remains in admissions testing.”
Mit der University of California würde ein Hochschulsystem mit mehr als 200.000 Zulassungsanträgen pro Jahr in eine Bewegung einreihen, die zuletzt mit der University of Chicago ein namhaftes Mitglied gewonnen habe und deren neuen Mitglieder in diesem Jahr unter anderem Colby College und Rosemont College heißen.
Je mehr Hochschulen allerdings „test optional” werden würden, desto stärker müsse man sich allerdings auf Widerstand seitens der Fakultätsmitglieder einstellen, die Ergebnisse in SAT oder ACT für verlässliche Indikatoren akademischer Leistungsfähigkeit halten und nicht nur für eine mögliche Ausdrucksform elterlichen Bildungsgrads bzw. Vermögens. Jon Boeckenstedt, an DePaul University in Chigago zuständig für Enrollment Management und Marketing, verweise auf die durchweg guten Erfahrungen mit den Tests vor allem an sehr selektiven Hochschulen, dass es also kaum „false positives” gäbe, also Bewerber, die hervorragend in den Tests abschnitten, sich dann aber als etwas weniger brilliant erwiesen.
Es käme bei der Frage nach der Sinnhaftigkeit standardisierter Tests aber vor allem auf die Zielrichtung der Hochschulen an, denn sie würden in der Tat einige Bewerbergruppen benachteiligen können. Wolle man bislang an Hochschulen unterrepräsentierten Schichten den Zugang erleichtern, dann müsse man auch mit anderen Instrumenten suchen als SAT und ACT. Es heißt: [Boeckenstedt] „noted that DePaul has as part of its official mission the goal of serving those for whom college might not otherwise be a possibility. And he walked through the university’s current student body: 32 percent are first generation, 29 percent are eligible for Pell Grants, 26 percent are from underrepresented minority groups and 15 percent are from the city of Chicago. More than half (57 percent) of all students are in at least one of those categories.”
Man habe diese Studierenden zum Teil bereits zum Studium zugelassen gehabt, bevor man schließlich auf „test optional” umgestellt habe und man habe durchweg sehr gute Erfahrungen gemacht. Es sei vor diesem Hintergrund nicht mehr einzusehen gewesen, dass man Bewerbern, denen man eine Chance geben wolle, mit einem voraussehbar nicht brillianten Testergebnis noch eine Kränkung mit auf den Lebensweg geben solle.
Sie finden den Beitrag
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Erfolgsprognosen für Studienleistungen
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Inside Higher Education berichtet von der Veröffentlichung einer Untersuchung zur Frage, aufgrund welcher Beurteilungskriterien Studierende richtig gefordert würden, also weder unter- noch überfordert. Das Center for the Analysis of Postsecondary Readiness (CAPR) am Teachers College der Columbia University habe die Frage nach einer Alternative zu den standardisierten Tests an Community Colleges in Mathe und Englisch aufgeworfen, die darüber entschieden, ob Studienanfänger erst in Brückenkurse oder direkt in Einführungskurse auf Hochschulniveau gehen könnten. Die Untersuchung von etwa 13.000 Studienanfängern habe nun gezeigt, dass einem deutlich größeren Teil der Einstieg in das Hochschulniveau direkt zugemutet werden könne, wenn man sie statt nur nach dem Eignungstest auch nach anderen Kriterien, wie etwa dem Grade Point Average (GPA) aus der Oberschule, beurteilen würde. Es heißt: „Many incoming college students are referred to remedial programs in math or English based on scores they earn on standardized placement tests. Yet research shows that some students assigned to remediation based on test scores would likely succeed in a college-level course in the same subject area without first taking a remedial course if given that opportunity. Research also suggests that other measures of student skills and performance, and in particular high school grade point average (GPA), may be useful in assessing college readiness.”
Das „many” quantifiziert die Untersuchung mit 14%, die in Mathematik durch ein Beurteilungsverfahren mit mehreren Kriterien höher eingestuft würden, und mit 41% in Englisch, während auf der anderen Seite aber auch 7%, die in Mathe niedriger eingestuft würden, und 6,5% in Englisch. Zu den anfallenden Kosten für ein aufwändigeres Verfahren heißt es: „Implementation of the alternative system added roughly $110 per student to status quo fall-term costs for testing and placing students at the colleges; ongoing costs in the subsequent fall term were roughly $40 per student above status quo.”
Sie finden den Untersuchungsbericht
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Der Beitrag hebt darüber hinaus hervor, dass eine angemessen dosierte akademischen Herausforderung für Studierende auch dabei helfen würde, die Grundkurse im Studium erfolgreicher zu absolvieren. Es heißt: „Students who placed into these college-level courses were also more likely to pass them in their first semester compared to remedial students. In the college-level courses, students could receive additional support to help them pass. Meanwhile, it may take remedial students an additional semester or two before they can enroll in the college-level course.” Die Hauptautorin der Untersuchung, Elisabeth Barnett, wird zur Eindeutigkeit der Ergebnisse mit den Worten zitiert: „We’ve got enough evidence now for people to move in the direction of using multiple measurements. One thing becoming clearer is that high school GPA is an especially good measurement.”
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Die New York Times meldet in dieser Woche einen Ertrag des Stiftungsvermögens der Harvard University von 10% des Endowments im vergangenen Jahr und schreibt: „That was slightly better than the previous year, when Harvard began to revamp the endowment under a new investment chief, but fell short of returns reported recently by several other large universities. (…) The endowment at the Massachusetts Institute of Technology, for example, posted a 13.5 percent gain, bringing it to $16.4 billion; Notre Dame’s increased 12.2 percent, to $13.1 billion; and the University of Pennsylvania’s rose 12.9 percent, to $13.8 billion.” Dennoch bleibe Harvard mit einem Endowment von nun $39,2 Mrd. die mit Abstand reichste Hochschule des Landes.
Sie finden die Meldung
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Inside Higher Education befasst sich mit einer derzeit laufenden Ausschreibung des US Department of Education zur Handhabung von Studiendarlehen und meldet, dass mit der Navient Corporation einer der größten „student loan servicers” des Landes nicht direkt, sondern nur indirekt als „Subcontractor” am Wettbewerb um das lukrative Geschäft mit der Abwicklung von Studienschulden teilnehmen werde. Es heißt: „The company’s portfolio included $215 billion in outstanding student loan debt as of the last quarter of 2017 – the third most of any loan servicer. In recent years, though, it became critics’ poster child for the worst aspects of the student loan industry. The Consumer Financial Protection Bureau and the attorneys general of Illinois and Washington sued Navient, saying it had illegally failed borrowers at every stage of the repayment process.”
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In einem Beitrag für die Times Higher Education hebt der Präsident der University of Toronton (U of T), Meric Gertler, die Bedeutung der Lage einer Forschungsuniversität und ihr Zusammenspiel mit der örtlichen Umgebung hervor. Er schreibt: „Universities around the world are beginning to realise the power of place in helping them to advance their core mission of teaching and research.” Die U of T habe mit einer „School of Cities” die Zusammenarbeit mit der Stadt noch einmal auf ein höheres Niveau gegenseitigen Nutzens gehoben. Er schreibt: „Such opportunities serve multiple objectives. They provide our students with valuable, hands-on learning-by-doing. They unleash a formidable wave of talented, energetic students to work with public sector and community-based clients, helping them to address urgent challenges and leverage new opportunities.”
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Redaktion:
Dr. Nina Lemmens, Stefan Altevogt, Katrin Kempiners
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Rainer Sturm/pixelio.de
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