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DAAD Nordamerika Nachrichten
29. Januar 2017

 Die Themen dieser Woche:
  Zahlen zur Stratifizierung der US-Hochschullandschaft
  Hochschulen und die neue US-Administration
  Internationale Studierende und Migration in Kanada
  Kurznachrichten
 
  Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser Ausgabe befassen wir uns mit Zahlen zur Stratifizierung der US-Hochschullandschaft und mit einem Eindruck nach der ersten Woche der Trump-Administration. Wir werfen zudem einen Blick auf die Rolle der Internationalisierung kanadischer Hochschulen bei der Steuerung der dortigen demografischen Entwicklung und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche.

Ich wünsche Ihnen wie immer eine interessante Lektüre.

Stefan Altevogt

Zahlen zur Stratifizierung der US-Hochschullandschaft

  Idealerweise – und für lange Zeit kamen wohl Colleges und Universitäten in den USA diesem Ideal recht nahe – sind Hochschulen Treibriemen für die meritokratische Mobilität innerhalb einer Gesellschaft. Sie können allerdings auch zu Reproduktionsanstalten bestehender Eliten erstarren und dieser Erstarrungsprozess, so wird von Einrichtungen wie dem Equality of Opportunity Project beklagt, sei in den USA recht weit fortgeschritten. Das Projekt hat nun sogenannte Mobility Report Cards für einzelne Hochschulen veröffentlicht, die auf der Auswertung sozioökonomischer Hintergründe und entsprechender Entwicklungsverläufe von 30 Mio. ehemaligen Studierenden beruhen. Die Recherchefrage war dabei: Wie groß ist der Anteil der Studierenden, die aus den unteren 20% der Einkommensverteilung stammten und es als Absolventen in die obersten 20% der Einkommensverteilung geschafft hatten. Der Durchschnitt aller Colleges in den USA liegt laut der Zahlen derzeit bei 1,9%. Die Zahlen der Spitzenreiter im sozialen Mobilitätsranking – das sind der Los Angeles Campus der California State University mit 9,9%, die private Pace University in New York und die State University of New York in Stony Brook mit jeweils 8,4% – lassen befürchten, dass es am unteren Ende der Tabelle einigermaßen deprimierend aussieht.

Sie finden die Daten hier.

Die New York Times bezieht aus den vorliegenden Daten die Grundlage für eine Reihe sehr interessanter Grafiken, etwa einer Gegenüberstellung, wohin Kinder aus Haushalten der Top 1% der Einkommensverteilung gehen und wohin Kinder aus den untersten 20%. Ein etwa vergleichbarer Anteil der ersten Gruppe geht auf die privaten Colleges des Landes, von denen man auch schon mal außerhalb der USA gehört hat, und für den entsprechenden Anteil aus der zweiten Gruppe heißt es: „Not attending college at ages 19-22”.
Das führe dazu, dass eine Gruppe von 38 der besten Colleges des Landes mehr Studierende aus Familien der Top 1% in der Einkommensverteilung betreuten als aus den unteren 60% der Einkommensverteilung. Das elterliche Einkommen sei mithin der wichtigste Indikator, wo ein Studium aufgenommen werde. In Zahlen ausgedrückt: „About four in 10 students from the top 0.1 percent attend an Ivy League or elite university, roughly equivalent to the share of students from poor families who attend any two- or four-year college.”

Sie finden den Beitrag hier.

Insgesamt, so ein weiterer Aspekt der Arbeit des Equality of Opportunity Projects, bliebe ein Aspekt des „amerikanische Traums”, nämlich mehr zu verdienen als die eigenen Eltern, zunehmend Traum. Hätte das Kriterium noch für 90% der gegen Ende des Zweiten Weltkrieges geborenen Amerikaner gegolten, sei dieser Anteil für Kinder des Jahrgangs 1985 auf 50% abgesunken.

Sie finden diese Zahlen hier.

Hochschulen und die neue US-Administration

  Inside Higher Education meldet erste Konsequenzen aus einer Executive Order von US-Präsident Trump vom Freitag, mit der er Einreisen von Personen aus sieben, überwiegend muslimisch bewohnten Ländern in die USA für die kommenden Monate verboten hat und für die Zeit danach erheblich erschweren wird. Mehr als 17.000 internationale Studierende kämen derzeit aus diesen sieben Ländern. Eine durch die American Civil Liberties Union erstrittene einstweilige Verfügung eines Bundesrichters in New York habe immerhin bewirkt, dass an Flughäfen des Landes am Freitag Gestrandete mit gültigen Visa nicht in ihre Heimatländer abgeschoben würden. Diejenigen, die derzeit im Lande seien, würden bleiben können, doch wäre eine Wiedereinreise nach Ausreise nicht mehr möglich. Die Association of American Universities (AAU) wird zu den negativen Auswirkungen der neuen Politik mit den Worten zitiert: „The administration’s new order barring the entry or return of individuals from certain countries is already causing damage and should end as quickly as possible. (..) We also urge the administration, as soon as possible, to make clear to the world that the United States continues to welcome the most talented individuals from all countries to study, teach, and carry out research and scholarship at our universities.”

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Ein Beitrag befasst sich im Chronicle of Higher Education mit akademischen Wurzeln der „alt-right”-Bewegung in den USA, also der nationalistisch-rassistischen Strömung eines Richard Spencer oder Steve Bannon. Es heißt: „Those intellectual roots are at the heart of a forthcoming study by Thomas J. Main, a professor at Baruch College’s Austin W. Marxe School of Public and International Affairs.” Je mehr konservatives Gedankengut in den Mainstream integriert werde, so die These, desto mehr würde sich der verbliebene Rest radikalisieren. Protagonisten der jüngsten Radikalisierung seien dabei auch Akademiker, so etwa der Psychologe Kevin B. MacDonald von der California State University in Long Beach oder Michael Levin vom City College der City University of New York. Es heißt weiter: „And then their ideas trickle down to popularizers and communicators like Taylor and Spencer and perhaps VDARE [a right-wing website] in some respects. And then the ideas get watered down still further by media figures like Breitbart [die Medienplattform von Steve Bannon]. And as these ideas trickle down, they become simpler and they moderate somewhat. Bannon often talks about how politics is about war. That conception of politics as a matter of war, and the focus on ethnic and racial identity – that’s a watering down of the racialist theory of politics as being all about the assertion of one race against another.”

Sie finden diesen Beitrag hier.

Internationale Studierende und Migration in Kanada

  Die New York Times wirft auf seinen Bildungsseiten einen Blick auf die Verknüpfung der Steuerung der demografischen Entwicklung mit einer attraktiven Visums- und Einwanderungspolitik für Absolventen von Hochschulen in Kanada. Es heißt: „[There] are (..) hundreds of thousands of international students in Canada today as part of a government strategy to reshape Canadian demographics by funneling well-educated, skilled workers through the university system. It is an answer to Canada’s aging population and slowing birthrate, and an effort to shore up the nation’s tax base.” Die internationalen Studierenden im Lande – in den vergangenen Jahren sei deren Zahl stetig gewachsen und läge nun bei 350.000 – spielten dabei eine herausragende Rolle, vor allem im Hinblick auf die gewünschte hohe Qualifikation der Immigration. Der Anteil der internationalen Studierenden in Kanada betrage mittlerweile 1% der Gesamtbevölkerung. Die USA sähen im Vergleich dazu deutlich blasser aus: „The number of international students in the United States is less than one-third of 1 percent of the population.”
Und man wolle mehr: Im vergangenen November sei das elektronische Immigrationssystem des Landes für internationale Studierende deutlich vereinfacht worden und man plane die Anrechnung der Studienzeiten zu 50% auf die für die Einbürgerung erforderlichen Wartezeiten. Das Ziel für die kommenden zehn Jahre sei die Erhöhung der Zahl internationaler Studierender in Kanada auf 500.000 und eine nachhaltige Entwicklung der Attraktivität des Landes auf Absolventen. Hierzu heißt es bereits heute: „More than half its students from abroad hope to stay in the country and become Canadian citizens, according to a survey by the Canadian Bureau for International Education.”

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Es gibt allerdings auch eine Bewegung in die entgegengesetzte Richtung. University Affairs befasst sich in einem Beitrag mit dem Problem des Brain Drains als einem Kollateralschaden des Sammelns von Erfahrungen im Ausland und wie man diese Schäden begrenzen könne. Es heißt: „Every year hundreds of Canadians head abroad to do PhDs or postdocs, intent on gathering international experience, and every year a few of them don’t come back. (..) Ending the brain drain should be a priority for the federal minister of innovation, science and economic development (..) Canada loses too many of its best and brightest. A few salaries spent on keeping in touch and enticing back those who left temporarily to study abroad is surely a good investment in Canada’s future.”

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Kurznachrichten

  Der Chronicle of Higher Education befasst sich in dieser Woche noch einmal mit der Frage, warum die Nominierung von Betsy DeVos als Bildungsministerin einem so ungewöhnlichen Widerstand bei ihrer Senatsbestätigung begegnet. Es heißt: „A wide range of groups urging the Senate to reject her nomination. Teachers’ unions, public-school officials, civil-rights groups, and advocates for strong enforcement of gender-equity laws have waged campaigns against her. The opposition has emerged through an unusually fierce blend of activism on social media and in more traditional venues. Politico, for example, noted that tens of thousands of callers had flooded Senate phone lines with calls urging lawmakers to vote against Ms. DeVos. And a letter of objection from an alumna at Ms. DeVos’s alma mater, Calvin College, has attracted hundreds of signatures from other graduates of the institution.” Abgesehen von ihrem festen Glauben an strukturelle Vorteile marktwirtschaftlicher Antworten auf Fragen der öffentlichen Infrastruktur sei es vor allem die in der Senatsanhörung offensichtlich gewordenen Ahnungslosigkeit in Bildungsfragen an denen sich der Widerstand kristallisiere. Allerdings solle man in der gegenwärtigen politischen Gesamtsituation nicht unterschätzen, als wie wertvoll Ahnungslosigkeit erachtet werde, denn es sei schließlich nur ein anderer Ausdruck für „uninfluenced and unsullied”. Der Beitrag hält die Bestätigung von DeVos durch den Senat demnach für sehr wahrscheinlich.

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Die kanadischen Global News befassen sich mit den derzeitigen Problemen an der University of Alberta, die dort auf schließlich 6.000 anvisierte Zahl von Plätzen in den Studierendenwohnheimen der Hochschule auch auszulasten. Der Grund für das Wohnen auf dem Campus sei angesichts nordamerikanischer Dimensionen und entsprechenden Pendlerzeiten ebenso offensichtlich wie der Grund für die derzeit schwache Nachfrage nach Wohnheimplätzen: „The economy and job losses may mean more students are choosing to live with their parents.”

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Der Chronicle of Higher Education meldet Zahlen zur Entwicklung der gewerkschaftlichen Organisation von Lehrbeauftragten an privaten Hochschulen des Landes infolge der jüngsten Entscheidung des National Labor Relations Board (NLRB) zu deren Zulässigkeit. Es heißt: „In the first nine months of 2016 alone, the NLRB certified 20 new collective-bargaining units at private colleges, concludes the study, published online this week in the Journal of Collective Bargaining in the Academy.”

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CBC News berichtet, dass die University of Calgary nun mit einer drastischen Maßnahme auf die ständigen Preiserhöhungen der fünf größten Verleger von Fachzeitschriften reagiert und die Subskriptionen zu hunderten von Titeln storniert habe. Es heißt zur allgemeinen Entwicklung: „Universities across the country have made similar decisions recently, saying they can’t afford to keep up with the rising journal prices.”

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Inside Higher Education wirft einen Blick nach Arizona, wo sich der Maricopa Community College District in den vergangenen zehn Jahren mit Kürzungen von Zuwendungen aus bundesstaatlichen Mitteln in der Größenordnung von insgesamt $441 Mio. konfrontiert gesehen habe. Es heißt: „The $441 million estimate is based on the $69 million Arizona's largest community college district received from the state in 2008. Only that figure gradually decreased with each subsequent year until it reached zero.” Um mit „zero” überlebensfähig zu bleiben, habe man bereits deutlich vor den erwarteten Kürzungen mit Sparmaßnahmen und verbessserter Erschließung anderer Finanzquellen etwa Grundsteuern und Studiengebühren begonnen.

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Die Global News verweisen schließlich auf ein derzeit weltweit von nur zwei Hochschulen genutztes, also krass unterschätztes Alleinstellungsmerkmal und schreibt: „Okanagan College (OC) in Kelowna has made a decadent investment. Chefs from the school’s culinary program have designed two exclusive chocolates that will only be used to create desserts at the school cafeteria. Called Okanagan Noir and Kalamalka Karamel, the school has become only the second post secondary institution in the world to create their own chocolate. The other is in Belgium.”

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