Ausgabe ___ | March 29 2017
18. Dezember 2017
Nordamerika Nachrichten
Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
Themen dieser Woche:

  • Jahresrückblick 2017: Themen in der Hochschullandschaft
  • Neue Zahlen von Statistics Canada
  • Oberlin College
  • Kurznachrichten
Liebe Leserinnen und Leser,

in der letzten Ausgabe des Jahres 2017 befassen wir uns mit den vorherrschenden hochschulpolitischen Themen und mit jüngsten Zahlen von Statistics Canada zur dortigen Hochschullandschaft. Wir werfen zudem einen Blick auf die derzeitigen finanziellen Probleme des Oberlin College in Ohio und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche.

Ich wünsche Ihnen wie immer eine interessante Lektüre.

Stefan Altevogt
Jahresrückblick 2017: Themen in der Hochschullandschaft
Die Steuerreform biegt soeben auf die Zielgerade und man rechnet mit einer Unterzeichnung des Kompromisses zwischen Senat und Repräsentantenhaus durch Präsident Trump noch vor Weihnachten. Ein Beitrag der New York Times zu Gewinnern und Verlierern der Steuerreform macht unter anderem darauf aufmerksam, dass die mit der Reform verbundenen Mindereinnahmen zu künftig höheren Steuern für den Mittelstand führen würden und dass die Schließung von Steuerschlupflöchern durch eine derzeit akute Unterfinanzierung des für die Steuerbeitreibung verantwortlichen Internal Revenue Service (IRS) nicht gerade begünstigt würde.
 
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Ein Beitrag im Chronicle of Higher Education befasst sich mit den direkt hochschulrelevanten Auswirkungen der Steuerreform und kann berichten, dass einige Maßnahmen wie etwa die geplante Besteuerung von Tuition Wavers für Grad Students oder die Abschaffung eines Steuerfreibetrags für Zinsen auf Studiendarlehen nicht umgesetzt würden. Andere, wie etwa die Einführung einer Besteuerung von Erträgen aus Hochschulvermögen, würden nur wenige Einrichtungen betreffen und sich entsprechend im Gesamtbild kaum auswirken.

Wichtiger seien allerdings die mittel- und langfristigen Wirkungen der Steuerreform, die von Moody’s Investors Service als „negative for the higher-education sector” eingeschätzt würden. Ein wichtiger Faktor sei hier die Verdoppelung der sog. „Standard Deduction”, also des von der Federal Tax abzugsfähigen Pauschalbetrags. Dies könne sich zweifach negativ auswirken. Zum einen auf die Spendenbereitschaft zugunsten von Hochschulen, zu der es heißt: „The percentage of taxpayers who itemize their tax deductions, such as donations to alumni funds, [could fall] from about 30 percent of filers to just 5 percent. Nonprofit leaders have estimated the provision would lead to a $13-billion drop in charitable giving nationwide.”

Zum anderen würden auch die Steuereinnahmen der Bundesstaaten und Gemeinden unter der geringeren Abzugsfähigkeit leiden und diese Haushalte entsprechend geringere Mittel für die Grundfinanzierung von Hochschulen zur Verfügung haben.

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Anfang des Jahres hatte ein Beitrag auf Inside Higher Education die Themen hochschulpolitischen Diskussionen noch in der Reihenfolge gelistet: „Sliding enrollment, concerns about cost and access, question about value, focus on careers and job placement, declining state support, collision over campus climate [and] defense of academic freedom and free speech”. In der Tat hatten die beiden zuletzt genannten Themen einen deutlich breiteren Raum in den einschlägigen Medien eingenommen, in den letzten Wochen des Jahres vielleicht noch etwas überlagert vom „#MeToo Moment in Higher Education”.
 
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Die Internationalisierung von Hochschulen ist in den USA nach wie vor ein wichtiges Thema, wird aber ebenso hartnäckig unter dem Aspekt von „Open Doors” diskutiert, dem Titel der jährlich vom Institute of International Education (IIE) herausgegebenen Zahlen zu internationalen Studierenden in den USA (und zu US-amerikanischen Studierenden im Ausland). Solange, so das bisherige Paradigma, die USA international attraktiv bleiben und die Grenzen einigermaßen offen, solange müsse man sich um die Nachhaltigkeit der zuletzt $39 Mrd. keine Sorgen machen, die mit internationalen Studierenden in die USA fließen. Die entsprechenden, vom DAAD herausgegebenen Zahlen aus deutscher Perspektive heißen „Wissenschaft weltoffen” und handeln sehr viel weniger vom ökonomischen Nutzen.

Neue Zahlen von Statistics Canada
Statistics Canada hat in der vergangenen Woche Zahlen zu „Canadian postsecondary enrolments and graduates, 2015/2016” herausgegeben. Danach waren an kanadischen Hochschulen zum vierten Mal in Folge mehr als 2 Mio. Studierende eingeschrieben, mehr als 91% von ihnen in Studiengängen, die auf eine Form von Leistungsnachweis abzielen (Degree, Diploma, Certificate). Von diesen 91% waren wiederum mehr als 80% vollzeitig eingeschrieben, mehr als 56% waren Frauen und das Durchschnittsalter lag bei 24 Jahren.

In den STEM-Fächern (Science, Technology, Engineering and Math) sind Frauen nach wie vor mit 39% deutlich unterrepräsentiert, wenngleich ihre Einschreibungszahlen in entsprechenden Programmen zwischen 2010/11 und 2015/2016 um fast 25% gewachsen sind. Zu dieser Gender-Imbalance heißt es: „Women represented the majority of enrolments in degree programs in most fields of study in 2015/2016, especially in education (76.0%) and health and related fields (72.9%). Meanwhile, men accounted for 76.4% of enrolments in architecture, engineering and related technology, and 72.2% in mathematics, computer and information sciences.”

Bei den 2015 von kanadischen Hochschulen vergebenen Leistungsnachweisen handelte es sich in 37% der Fälle um Bachelors Degrees, in 10% der Fälle um Masters Degrees und in 1,4% der Fälle um Promotionen. Die Abschlüsse auf der Ebene Bachelor und höher sind fast ausschließlich (98%) an den Universitäten zu finden, Certificates und Diplome weit überwiegend (81%) an den Colleges des Landes.
Das nun fast zwei Jahrzehnte andauernde Wachstum des Interesses internationaler Studierender an einem Studium in Kanada hat sich den Zahlen zufolge zuletzt deutlich, auf nun 3% abgeschwächt. Derzeit kommen landesweit fast 11% der Studierenden aus dem Ausland, in British Columbia sind es 16,5%. Bei den knapp 30.000 im Jahr 2015 an internationale Studierende vergebenen Abschlüssen handelte es sich in 39% der Fälle um Masters Degrees und in 5,8% der Fälle um Promotionen.
 
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Ein Beitrag auf Global News bezieht die Zahlen auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt und schreibt: „Have a university degree? In the long run you will likely be better off. In the short run, you may have to settle for working at a coffeeshop.” Ja, ein höherer Bildungsabschluss schlage sich in höheren Anfangsgehältern nieder. So läge das durchschnittliche Angebot von Arbeitgebern bei Ausschreibungen für Anstellungen mit Hochschulabschluss derzeit bei knapp Can$ 30 pro Stunde gegenüber Can$ 18 für Jobs mit College Diplom oder Ausbildung, Can$ 14 für Jobs mit Oberschulabschluss und Can$ 13 für Jobs ganz ohne Ausbildungsvoraussetzung. Soweit die gute Nachricht.

Die schlechte Nachricht sei, dass der Arbeitsmarkt derzeit sehr viel stärker nach weniger ausgebildeten, also billigeren Arbeitskräften frage. Es heißt: „In 2016, around one in two entry-level jobs did not require a minimum level of education (87,500 vacancies). A quarter of those gigs (48,400 vacancies) required a high school diploma and one in five (18,300 vacancies) required a college diploma. Only 14,000 entry-level jobs required a university degree. For comparison, over 250,000 Canadians graduated from university in 2010.”

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Ein weiterer Beitrag geht auf Global News der Frage nach, ob sich angesichts der Arbeitssituation ein Studium dennoch lohne und verweist auf die jüngsten Entwicklungen in den kanadischen Provinzen Alberta, Saskatchewan und Newfoundland/Labrador, in denen der wiederauflebende Boom beim Abbau von Bodenschätzen und begleitet davon auch im Bausektor die Kalkulationsgrundlage für viele Studierende verändert habe. Es heißt: „The rate of enrolment of young men in higher education started flat-lining right around the start of the latest commodity-price boom (…). Many men either dropped out of school or decided not to pursue further education in order to go work in mines and oil fields.”

Dies sei eine sehr nachvollziehbare Entwicklung, doch eben nicht auf einen dauerhaften Erfolg am Arbeitsmarkt ausgerichtet. Allerdings scheint man in Kanada an derartige Fragen eher pragmatisch heranzugehen. Der Beitrag zitiert einen Bildungsexperten mit den Worten: „While taking up a richly paid gig as an oilsands truck driver or as a housing contractor in Vancouver may make sense for many, it’s important to have a plan in place for the post-boom phase of your working life.”

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Oberlin College
Auf der Liste „akut gefährdeter Einrichtungen” der US-amerikanischen Hochschullandschaft stehen privat finanzierte Small Liberal Art Colleges (SLACs) relativ weit oben, vor allem, wenn sie über nur wenig Eigenmittel (gemessen in Stiftungsvermögen pro Studierendem und Spendenaufkommen) verfügen, nur geringe überregionale Anziehungskraft haben und/oder kein wirkliches Alleinstellungsmerkmal, das kostendeckende Studiengebühren rechtfertigen kann.

Ein Beitrag auf Inside Higher Education zu den verfehlten Rekrutierungszielen des Oberlin College ist insofern bemerkenswert, als es sich bei der Einrichtung um eine Hochschule handelt, die man eigentlich nicht zur Risikogruppe zählen würde, auch wenn – so der Beitrag – die geringer als erwartete Zahl von Freshmen in diesem Jahr ein Loch von $5 Mio. in das Budget gerissen habe. Oberlin stehe laut derzeit an 117. Stelle der Rangliste der Hochschulvermögen und verfüge mit $261.000 pro Studierendem über Mittel, von denen die allermeisten anderen Hochschulen der USA nur träumen könnten. Zudem sei Oberlin ein College mit überregionaler und internationaler Anziehungskraft (8% der Studierenden kommen aus dem Ausland).

Allerdings habe das Hochschulvermögen zuletzt Einbußen hinnehmen müssen und insgesamt seien Erträge aus dem Endowment zusammen mit den laufend eingesammelten Spenden nicht in der Lage, die Hochschule von operativen Erträgen (Tuition, Room & Board) unabhängig zu machen. In einem im Beitrag zitierten Schreiben des Board of Trustees heißt es dazu: „We lean too heavily on cash from generosity (past and present gifts, and borrowing against future gifts) and not enough on cash from operations (tuition, room and board). In this respect, Oberlin is like many other private institutions of higher education. Our endowment and donors are generous enough that Oberlin can avoid depending entirely on student charges. But they’re not generous enough to insulate us from the ups and downs of enrollment and retention, or from the broader socioeconomic trends that make it harder for families to afford Oberlin.”

Bislang habe man am Oberlin College auf die Schwankungen bei den Einnahmen vor allem mit Einsparungen bei den Personalkosten reagiert, was zunehmend auf Kritik seitens der Fakultätsmitglieder stoße. In einem im Beitrag zitierten Artikel zweier Professoren in der Hochschulzeitung Oberlin Review wird der Abstieg des Gehaltsniveaus bei den Professoren im Vergleich zu anderen Einrichtungen der „peer group” nachgezeichnet und auf die künftige Entwicklung hin hochgerechnet. Es heißt: „That the institution chooses to rely upon paying its faculty less than their peers, is depressingly familiar. The consequences for our ability to recruit, retain, and motivate an excellent faculty are equally predictable.”

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Sie finden die Mitteilung des Board of Trustees hier.
 
Sie finden das Schreiben der beiden Oberlin-Professoren hier.

Kurznachrichten
Inside Higher Education zitiert jüngste Zahlen des National Student Clearinghouse Research Center und meldet einen Anstieg der Graduation Rate an US-amerikanischen Hochschulen. Es heißt: „The six-year completion rate for students who enrolled in college in the fall of 2011 was 56.9 percent. Last year’s rate of 54.8 percent also was up roughly two percentage points from the previous year. That increase followed a two-year slide in national completion rates. However, this year’s rate now surpasses the pre-recession high of 56.1 percent for students who started college in 2007.” Der Anstieg werde vor allem auf einen Rückgang des Anteils nicht-traditioneller Studierender an der Studierendenkohorte infolge der deutlichen Verbesserungen am Arbeitsmarkt zurückgeführt. In den kommenden Jahren würden allerdings andere als Arbeitsmarkt-Faktoren – etwa ein wachsender Anteil von Studierenden aus bildungsfernen Schichten – an Bedeutung gewinnen und vermutlich wieder zu einem negativen Trend hinsichtlich der Graduation Rate führen.

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Der Chronicle of Higher Education meldet bemerkenswerte Erfolge öffentlicher Hochschulen im Wettbewerb um private Spendenmittel und schreibt: „In 2017, eight out of 19 gifts of $100 million or more went to public institutions (…). The eight public universities pulled in nearly $1.7 billion altogether, including a $500-million gift to the University of California at San Francisco from the Helen Diller Foundation (…). It’s the largest gift in University of California history.” Bis vor wenigen Jahren hätten die öffentlichen Hochschulen sich nicht in gleichem Maß wie die privaten um Spenden bemühen müssen, doch der kontinuierliche Rückgang der Grundfinanzierung durch die Bundesstaaten habe den Druck zu Fundraising deutlich erhöht.

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Von Deutschen gerne und erfolgreich identifizierte Einsparpotenziale bei Energiekosten gelten in den USA bislang noch weitgehend als Antworten auf nicht gestellte Fragen. Die normale Haltung läßt sich wie folgt beschreiben: „Strom kommt aus der Steckdose und Energie ist so billig, dass man in erster Linie das Nachdenken darüber einsparen kann.” Weil sich jedoch auch kleinste Potenziale in größeren Systemen summieren, weil viele Hochschulen des Landes mit weniger Mitteln mehr zu leisten aufgefordert sind, und/oder weil sie mittlerweile verstärkten Wert auf einen möglichst kleinen CO2-Footprint legen, rücken Energiekosten mehr in den Fokus.

In einem Special Report widmet sich der Chronicle of Higher Education in zwei Beiträgen dem Thema. Der erste Beitrag wirft einen Blick auf die Investitionen in Energiesparmaßnahmen an der University of Pennsylvania, deren Stromrechnung sich für ihre 218 Gebäude in Philadelphia auf $60 Mio. pro Jahr belief, von denen nun dank erster Effizienzsteigerungen 5%, also $3 Mio. pro Jahr eingespart werden könnten. In einem weiteren Schritt werde man kreditfinanziert $200 Mio. in Effizienzsteigerungen von Gebäuden investieren und rechne mit Einsparungen in der Größenordnung zwischen 50% und 75% bei der Beleuchtung und zwischen 20% und 65% bei Heizung, Kühlung und Lüftung.
 
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Die Motivation der Cornell University zur höherer Energieeffizienz sei hingegen in erster Linie ihr Ziel, bis 2035 einen „carbon-neutral campus” realisiert zu haben. Zu den ersten Schritten habe eine Umstellung der Kühlung der Gebäude gehört, die nun geothermisch aus dem angrenzenden Cayuga Lake bewältigt werde. Eine weitere Maßnahme sei die Einrichtung einer Energy Conservation Control Unit mit 10 Stellen, die sich kontinuierlich auf dem Campus nach Einsparmöglichkeiten umschauen. Diese sich auf $1 Mio. pro Jahr belaufende Investition lohne sich, wie der verantwortliche Mitarbeiter in der Liegenschaftsverwaltung bestätigen könne: „Since 2000, the campus has grown about 22 percent, and we have kept our energy use flat.”
 
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Dr. Nina Lemmens
Stefan Altevogt, Katrin Kempiners, Redaktion

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