Ausgabe ___ | March 29 2017
20. November 2017
Nordamerika Nachrichten
Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
Themen dieser Woche:

  • Open Doors: Jüngste Zahlen des Institute of International Education (IIE)
  • Jahrestagung der Association of Public & Land-Grant Universities (APLU)
  • Studienbeihilfen und Studienschulden
  • Kurznachrichten
Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser Ausgabe befassen wir uns mit neuen Zahlen des Institute of International Education und mit der jüngsten Jahrestagung der Association of Public & Land-Grant Universities. Wir werfen zudem einen Blick auf das Themenfeld Studienbeihilfen und Studienschulden und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche.

Ich wünsche Ihnen wie immer eine interessante Lektüre.

Stefan Altevogt
Open Doors: Jüngste Zahlen des Institute of International Education (IIE)
Mit „Open Doors” gibt das Institute of International Education (IIE) jährlich Zahlen zu internationalen Studierenden in den USA und zu Studienaufenthalten von US-Amerikanern im Ausland heraus.
Inbound, also in Richtung USA: Im Studienjahr 2016/17 waren an US-amerikanischen Hochschulen mit 1,08 Mio. eine Rekordzahl von Studierenden aus dem Ausland (Kriterium ist hier der Visastatus) eingeschrieben, deren ökonomischer Nutzen mittlerweile auf $39,4 Mrd. pro Jahr „through their spending on tuition, room and board and living expenses” beziffert wird. Zu den wichtigsten Herkunftsländern und Zielregionen innerhalb der USA heißt es: „The top places of origin for international students studying in the United States were China, India, South Korea, Saudi Arabia, Canada, Vietnam, Taiwan, Japan, Mexico, and Brazil. The top host states were California, New York, Texas, Massachusetts, Illinois, Pennsylvania, Florida, Ohio, Michigan, and Indiana. Each of these states saw increases in international students in 2016/17.”

Die insgesamt guten Nachrichten werden allerdings durch zwei Tendenzen relativiert: Zum einen ist das Wachstum der Zahlen internationaler Studierender in den USA in den vergangenen Jahren deutlich abgeflacht und die Zahl der Neueinschreibungen von Studierenden aus dem Ausland zuletzt sogar um 10.000 auf nun 291.000 gesunken, zum anderen zeigt der die Open Doors begleitende „Project Atlas” in seinen Infografiken eine längerfristige Entwicklung von einem geringer werdenden Marktanteil der USA an einer größer werdenden Gruppe international mobiler Studierender: Lag 2001 der Marktanteil der USA an den seinerzeit 2,1 Mio. internationalen Studierenden noch bei 29%, so war er zuletzt auf 24% der nun 4,6 Mio. internationalen Studierenden abgesunken. (Der Marktanteil Deutschlands sank im selben Zeitraum von 9% auf 6%, der von China stieg von quasi aus dem Nichts auf 10%.)

Als wichtige Gründe für die jüngste Entwicklung nennt der Bericht eine Mischung verschiedener ökonomischer und demografischer Faktoren, darunter verbesserte Bildungsangebote in den Herkunftsländern und fallende Bevölkerungszahlen. Konkret hebt Open Doors auch die Auswirkungen von Stipendienprogrammen hervor: „The scaling back of large Saudi and Brazil government scholarship programs were a significant factor, as the number of students from those two countries showed the biggest decreases.” Zudem sei ein Teil der noch guten Nachrichten auf die Tendenz zurückzuführen, dass internationale Studierende vermehrt die Chance nutzten, nach einem Degree-Abschluss noch eine Zeit mit „Optional Practical Training” (OPT) in den USA zu bleiben, was visumstechnisch dem U.S. Higher Education System zugerechnet und praktisch als eine attraktive Möglichkeit für internationale Studierende wahrgenommen wird, beruflich in den USA Fuß zu fassen.

Outbound, also anrechenbare Studienzeiten US-amerikanischer Studierender im Ausland: Mit 325.000 Studierenden hatten zuletzt 4% mehr als im Vorjahr wenigstens einen Credit im Ausland erworben, mehr als die Hälfte davon in einem europäischen Land. Die gute Nachricht sei hier, dass sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten die Anzahl der US-Studierenden mit Auslandserfahrung mehr als verdreifacht habe und darunter auch mehr Studierende aus bislang stark unterrepräsentierten Schichten seien, doch habe sich das Wachstum hier insgesamt insbesondere nach der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008 erkennbar verlangsamt. Deutschland rangiert als Zielland derzeit nach dem VK, Italien, Spanien und Frankreich an fünfter Stelle, gehört aber weiterhin zu den Ländern mit überdurchschnittlichem Wachstum: „Strong growth was noted in Australia, Czech Republic, Cuba, Denmark, Germany, Ireland, Japan, Mexico, the Netherlands, New Zealand, and South Africa.” Zu den überdurchschnittlichen Wachstumsbereichen für ein Auslandsstudium gehören schließlich Fächer aus dem Bereich Science, Technology, Engineering and Math (STEM), in denen zuletzt 25% aller US-Studierenden mit Auslandserfahrung eingeschrieben waren.

Sie finden Open Doors hier.

Sie finden den Project Atlas hier.

Eine Beitrag des Chronicle of Higher Education geht der Frage nach, ob sich in Open Doors bereits ein „Trump-Faktor” ausmachen lasse, der einige der negativen Aspekte in den jüngsten Zahlen vielleicht relativieren könne. Hierzu heißt es: „Even before the ascension of Donald J. Trump to a presidency notable for its hostility to global engagement and to foreigners themselves, international student recruitment had already begun to ebb, auguring the end of a decade of muscular growth.” Freilich helfe die Regierung Trump in dieser Situation nicht und eine jüngste IIE-Umfrage verheiße nichts Gutes: „The nearly 500 responding colleges reported an average drop of 7 percent in new international students and a flattening of total enrollments.” Ein namhafter Rückgang der Zahlen internationaler Studierender und den von ihnen gezahlten vollen Studiengebühren sei für viele Hochschulen ökonomisch ein „big deal” und eine IIE-Mitarbeiterin wird dazu mit den Worten zitiert: „We’re not at a point where this is a crisis but it certainly is a wake-up call.”

Sie finden den Beitrag hier.

Jahrestagung der Association of Public & Land-Grant Universities (APLU)
Die Association of Public & Land-Grant Universities (APLU) ist eigenen Angaben zufolge „North America’s oldest higher education association with member institutions in all 50 U.S. states, the District of Columbia, four U.S. territories, Canada, and Mexico.” Die 237 Mitgliedshochschulen sind öffentlich finanziert und die allermeisten der US-amerikanischen Mitglieder – darunter 24 Hochschulsysteme – gehen auf zwei Gesetzesinitiativen im 19. Jahrhundert zurück, dem „First Morrill Act of 1862” und dem „Second Morrill Act of 1890”. Beiden Kohorten gemeinsam ist, dass mit den Gesetzen und der Übertragung von Land als Basis einer auskömmlichen Grundfinanzierung (Land-Grant) eine konkrete Aufgabenstellung einherging, nämlich zunächst einmal „to support colleges of agriculture and mechanical arts”. Die Aufgabenstellungen haben sich mit der Zeit weiterentwickelt – so sind als Teil der 1890-er Kohorte 17 „historically black land-grant colleges” und mit dem National Sea Grant College Act 1966 einige Hochschulen mit Schwerpunkt in der Meeresforschung hinzugekommen – doch lässt sich die Zweckbestimmung der APLU-Mitglieder in allgemeinster Form mit vier Worten umschreiben: „for the public good”.
So spannend der Blick auf Harvard, Stanford et al für die internationale Betrachtung der US-amerikanischen Hochschullandschaft auch sein mag, aus deutscher Perspektive sind Vergleiche mit anderen Teilen der Landschaft eher relevant. Diese Teile finden sich vor allem unter den APLU-Mitgliedern. Unter ihnen befinden sich einige der forschungsstärksten Universitäten des Landes, die gemeinsam mit privaten forschungsstarken Hochschulen in der 62 Mitglieder umfassenden American Association of Universities (AAU) organisiert sind, aber auch intenational weniger bekannte Hochschulen wie die East Carolina University oder die Fort Valley State University. Elf der APLU-Mitglieder sind zudem in der nicht zuletzt auch durch den Präsidenten der Arizona State University, Michael Crow („Designing the New American University“, Johns Hopkins University Press, 2015), prominent gemachten University Innovation Alliance (UIA) mit dem Ziel organisiert, „to help more students gain access to higher education and better educational outcomes”.
Schließlich: Mit Cornell University findet sich ein „Ivy” (ihr landwirtschaftliches Department geht auf ein land-grant college zurück) unter den APLU-Mitgliedern und mit dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) noch eine weitere Hochschule mit starker internationaler Strahlkraft, die – wie Stanford – gerne und fälschlicherweise der Ivy-League zugerechnet wird.
Die jüngste APLU-Jahrestagung, vom 12. bis 14. November in Washington, stand unter dem Motto „The Age of Disruption: Navigating, Innovating, and Excelling” und brachte mehr als 1.400 leitende Mitarbeiter der Mitgliedshochschulen zusammen. Zur Tagung wurden vier Berichte zu den derzeit nicht nur für US-amerikanische Hochschulen relevanten Themenbereichen veröffentlicht: „Pervasive Internationalization: A Call for Renewed Leadership”, „All In: Increasing Degree Completion through Campus-Wide Engagement”, „Ready for Jobs, Careers, and a Lifetime: Public Research Universities and Credentials that Count” und „Technology Transfer Evolution: Driving Economic Prosperity”. Mit den Berichten und der Konferenz befassen wir uns im Detail in der kommenden Ausgabe.

Sie finden das Programm der Tagung hier.

Sie finden die Links zu den Reports hier.

Studienbeihilfen und Studienschulden
Der Chronicle of Higher Education berichtet über eine derzeit im U.S. House of Representatives diskutierte Gesetzesvorlage der republikanischen Parlamentsmehrheit, die die Vergabe von Pell-Grants für Studierende aus einkommensschwachen Familien an den erfolgreichen Verlauf des Studiums knüpfen und im Falle des Studienabbruchs die ausgezahlten Mittel zurückfordern wolle. Der Beitrag räumt dem Gesetzesvorhaben keine wirklichen Erfolgsaussichten ein, sieht ihn aber als ein Zeichen „of a Republican assault on higher education and students”.

Sie finden den Beitrag hier.

In einem weiteren Beitrag meldet der Chronicle of Higher Education eine Entscheidung des U.S. Department of Education, in fast 300.000 Fällen den Anspruch von Studierenden auf Studienbeihilfen des Pell-Grant Programms wieder wirksam werden zu lassen, nachdem die Studierenden durch Schließung der von ihnen besuchten Einrichtungen aus der „eligibility” herausgefallen waren. Es heißt: „The department, under Secretary of Education Betsy DeVos, responded this week that it had restored at least a portion of Pell eligibility for 288,969 students who had attended 841 institutions that closed from 2001 to 2016.”

Sie finden die Meldung hier.

Die New York Times macht in einem Beitrag auf die absurd erscheinenden Konsequenzen aufmerksam, die in zahlreichen US-Bundesstaaten daraus erwachsen können, dass man seine Studienschulden nicht oder nicht fristgerecht zurückzahlen kann. In 20 Bundesstaaten gäbe es gesetzliche Rahmen, innerhalb derer die von den Bundesstaaten ausgegebene Führerscheine und auch „professional licenses” eingezogen werden könnten, die ihrerseits in den allermeisten Fällen eine wichtige Grundlage der Rückzahlung von Studienschulden darstellten. Es heißt: „Fall behind on your student loan payments, lose your job. Few people realize that the loans they take out to pay for their education could eventually derail their careers. But in 19 states, government agencies can seize state-issued professional licenses from residents who default on their educational debts. Another state, South Dakota, suspends driver’s licenses, making it nearly impossible for people to get to work.”

Sie finden diesen Beitrag hier.

Kurznachrichten

Kinder aus bildungsferneren Schichten an Hochschulbildung heranzuführen, sei einem Beitrag der New York Times zufolge in den USA (und anderswo) als Ziel ebenso erstrebenswert wie die Definition der Zielgruppe (first generation students oder kurz „first gen”) vage. Es heißt: „The Department of Education interprets first-gen status in at least three different ways: the legislative definition (no parent in the household has a bachelor’s degree) and the two used for research (no education after high school; no degree after high school). Still other definitions are often used by colleges and educational associations.” Ein Beispiel des Beitrags ist ein Studienbewerber, dessen leiblicher Vater zwar einen Studienabschluss habe, doch in der Erziehung gänzlich abwesend gewesen sei. Die Hochschule habe mit Hinweis auf den Studienabschluss des Vaters eine bevorzugte Behandlung der Bewerbung als first gen verneint, eine Entscheidung, die nach den gängigen Interpretationen des Begriffs durch das Bildungsministerium anders ausgefallen wäre.

Sie finden den Beitrag hier.

Inside Higher Education meldet eine Spende in Höhe von $600 Mio. an die Columbia University und ihre Uni-Klinik New York-Presbyterian Hospital durch Florence Irving und ihren im vergangenen Jahr verstorbenen Ehemann Herbert Irving. Es heißt: „Columbia and New York-Presbyterian share a 20-acre medical center campus in upper Manhattan that last year was renamed for the Irvings. The couple has now donated a total of more than $900 million over 30 years to the institutions.”

Sie finden die Meldung hier.

Ein Beitrag geht auf Inside Higher Education der Frage nach, ob die bereits 2015 von Moody’s Investors Service prognostizierte Welle von Hochschulschließungen und -zusammenschlüssen mittlerweile Realität geworden sei. Es heißt: „It has not been a good fall for small, private liberal arts colleges. Last week, St. Gregory’s University in Oklahoma said it is closing at the end of the semester. The news came on the heels of a similar announcement by the Memphis College of Art in late October, an announcement that itself arrived just weeks after Grace University in Omaha, Neb., unveiled plans to shut down.” Die jüngsten Nachrichten seien Wasser auf die Mühlen von Clayton Christensen, einem Professor an der Harvard Business School und Verfechter einer schon 2011 formulierten These einer Halbierung der Zahl von US-amerikanischen Hochschulen in den kommenden 10 bis 15 Jahren als Ergebnis von „disruptive innovation”. Die derzeitige Welle beträfe allerdings noch einen kleinen Teil der Hochschullandschaft: „Institutions feeling particular pressure are small colleges, those in the Midwest and Roman Catholic institutions located away from Catholic population centers.”

Sie finden diesen Beitrag hier.

Sie finden einen Beitrag zu Clayton Christensen hier.

Unter dem Druck fallender Studierendenzahlen (50% weniger Studienanfänger als noch vor drei Jahren) habe sich einem Beitrag auf Inside Higher Education zufolge jetzt der neue Kanzler der Southern Illinois University at Carbondale zu einer radikalen Neuorganisation der Hochschule entschlossen. Es heißt: „The new chancellor of has big plans to eliminate all departments across campus, in the name of ‘synergy’ and cost savings. But many professors question his motives and doubt it’s the right move.” Für den Kanzler sei die angestrebte Reform überlebenswichtig. Er wird zur Ursache der Krise und zu dem von ihm vorgeschlagenen Ausweg mit den Worten zitiert: „Why is this [drastischer Rückgang der Studierendenzahlen] occurring? It’s occurring because we are not offering programs that are distinctive and relevant to today’s students. As we try to correct it, we face limited resources, declining faculty numbers and no help from the state. We must recast and reinforce both our academic programs and our research.”

Sie finden diesen Beitrag hier.


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Dr. Nina Lemmens
Stefan Altevogt, Katrin Kempiners, Redaktion

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