Ausgabe ___ | March 29 2017
9. Oktober 2017
Nordamerika Nachrichten
Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
Themen dieser Woche:

  • Neue Zahlen des Council of Graduate Schools
  • Apple und Ohio State University auf dem Weg zu einer Digital Flagship University
  • Black Lives Matter vs. American Civil Liberties Union
  • Kurznachrichten
Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser Ausgabe befassen wir uns mit neuen Zahlen des Council of Graduate Schools
und mit einer Vereinbarung zwischen Ohio State University und der Firma Apple zur Schaffung einer gemeinsamen Digital Flagship University. Wir werfen zudem noch einmal einen Blick auf einen für außenstehende Betrachter nur schwer nachzuvollziehenden Konflikt, der einige Studierende an US-amerikanischen Hochschulen dem Recht auf freie Meinungsäußerung gegenüber positioniert hat, und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche.

Ich wünsche Ihnen wie immer eine interessante Lektüre.

Stefan Altevogt
Neue Zahlen des Council of Graduate Schools
Der Council of Graduate Schools (CGS) hat Ende September mit „CGS/GRE Graduate Enrollment & Degrees: 2006-2016“ die jüngste Version seiner Zahlen zu Einschreibungen und Abschlüssen an den Graduate-Programmen der USA vorgelegt. Der Bericht spricht von einem fortgesetzten Wachstum von Einschreibungen und Abschlüssen, weiß im Hinblick auf internationale Graduate Students in den USA aber auch: „This year’s survey results show first-time graduate enrollment of international students decreased 0.9% between Fall 2015 and Fall 2016. It is the first decrease since 2003, though the five-year average annual increase (7.8%) and ten-year average annual increase (7.4%) rates remain high. In contrast, first-time graduate enrollment for U.S. citizens and permanent residents increased 3.2%. Conversely, the total graduate enrollment increased by 2.4% for international students and decreased by 0.1% for U.S. citizens and permanent residents over the same Fall 2015-2016 period.”

Im Herbst vergangenen Jahres waren danach an den Daten zur Umfrage geliefert habenden Hochschulen 2,2 Mio. Bewerbungen um einen Graduierten-Studienplatz eingegegangen, 1,3 Mio. davon an öffentlich finanzierten Hochschulen. Etwa 70% dieser Bewerbungen waren auf Master- bzw. Zertifizierungsprogrammme ausgerichtet und an den Forschungshochschulen mit höchster Forschungsintensität lag der Anteil der Bewerbungen um einen Promotionsstudiengang bei etwa einem Drittel der gesamten Bewerbungen um Graduierten-Studiengänge. Mit mehr als 320.000 Bewerbungen waren im Gesamtblick zuletzt Ingenieurwissenschaften der gefragteste Bereich gewesen, gefolgt von Betriebs- und Wirtschaftswissenschaften und Fächern in den Health Sciences mit jeweils mehr als 275.000 Bewerbungen. Bei den Bewerbungen für Promotionsstudiengänge ragt mit mehr als 18% das Feld der Sozial- und Verhaltenswissenschaften heraus.

Die Acceptance Rates bei Bewerbungen um einen Promotionsstudiengang lag im vergangenen Jahr im Durchschnitt aller Fächer bei 22% (in den Betriebs- und Wirtschaftswissenschaften bei 15%), bei Masterstudiengängen bei fast 50%.

Als Ergebnis des Bewerbungs- und Zulassungsverfahrens schrieben sich im vergangenen Herbst mehr als 520.000 Graduate Students erstmals ein, davon mehr als 58% Frauen. Allerdings variiert der Frauenanteil je nach Fach stark, von fast 80% in Fächern des Bereichs „Public Administration and Services” bis zu 26% in den Ingenieurwissenschaften.

Bei der Inklusion bislang unterrepräsentierter Minderheiten (underrepresented minorities oder URM) sind im Gesamtbild kleine Fortschritte erkennbar. Mit zuletzt knapp 24% (12% Afroamerikaner, 11% Latino) sind URM im Gesamtbild zwar vertreten, doch in einzelnen Fächern noch deutlich zu wenig: „Only 3.6% of those enrolled for the first time in physical and earth sciences and 5.6% of first-time domestic students in engineering were Black/African American students. While only 3.6% of first-time students in education were Asians, they constituted a relatively large share of U.S. citizens and permanent residents enrolled for first time in mathematics and computer sciences (16.3%) and engineering (14.1%) fields.”
Ähnlich ungleich über die Fächergruppen verteilt ist schließlich der Anteil internationaler Studierender in den US-amerikanischen Graduate-Studiengängen. Sind es im Durchschnitt nur etwas mehr als 20% und an den Forschungshochschulen mit höchster Forschungsintensität 30%, so liegt der Anteil internationaler Studierender bei den Ersteinschreibungen in Mathe und Informatik bei über 60% und in den Ingenieurwissenschaften bei fast 56%. Es heißt weiter: „The share of temporary residents [internationale Studierende] was smallest in public administration and services (3.8%), education (4.2%), and health sciences (5.2%).”

Sie finden den Bericht hier.

Sie finden die begleitende Presseerklärung hier.

Apple und Ohio State University auf dem Weg zu einer Digital Flagship University
In einer Presseerklärung hat die Ohio State University (OSU) am Mittwoch bekannt gegeben, dass sie die Zusammenarbeit mit der Firma Apple deutlich intensivieren und deren Produkte auch in Durchführung und Curricula der Ausbildung integrieren wolle. Der Präsident der Hochschule, Michael V. Drake, wird dazu mit den Worten zitiert: „We are establishing our Digital Flagship University initiative by combining the resources and talents of an international technology leader and one of the most comprehensive public universities in the world. Our students and community will have outstanding opportunities to develop modern mobile skills to enhance learning and excel in the competitive workplace.”

Apple CEO Tim Cook wolle die Kooperation mit OSU vor allem dafür nutzen, das Potenzial der von Apple produzierten Technologie für akademisches Lernen und Lehren aufzuzeigen und auszubauen. Er wird mit den Worten zitiert: „This unique program will give students access to the incredible learning tools on iPad, as well as Apple’s new coding curriculum that teaches critical skills for jobs in some of the country’s fastest-growing sectors. I’m thrilled the broader central Ohio community will also have access to coding opportunities through Ohio State’s new iOS Design Lab.”

Finanziert mit Mitteln des Administrative Efficiency Program der Hochschule sollen ab Herbst 2018 alle Studienanfänger an OSU mit einem iPad Pro, entsprechenden Perepheriegeräten und Software ausgestattet werden. Unter den konkreten Anwendungsbeispielen finden sich Vorstellungen von „flipped” Kursen in Chemie, bei denen Vorlesungen und Aufgabenstellungen online durchgeführt und im Seminarraum dann gemeinsam Problemlösungen durchexerziert würden.

Sie finden die Presseerklärung hier.

Ein Beitrag auf Inside Higher Education zitiert zudem Tim Cook zur Entscheidung der Firma Apple, gemeinsam mit OSU hier Neuland betreten zu wollen. Die Hochschule sei „aggressive and forward thinking. I can’t imagine anybody else to do this with. They’re going to set an example I hope many others will follow.”

Joshua Kim, der Direktor für Digital Learning Initiatives an Dartmouth College, glaube, hier einen Strategiewechsel bei Apple erkennen zu können. Statt sich wie bislang auf den Verkauf ihrer Produkte an Hochschulen zu konzentrieren, wolle man durch eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit Hochschulen auch Produkte für Hochschulen gezielt entwickeln, also eine „Higher Education Strategy” verfolgen. Wegen Größe und Bedeutung der beiden beteiligten Partner würde die Entwicklung dieser Zusammenarbeit auch bei anderen Firmen und an anderen Hochschulen mit Aufmerksamkeit verfolgt. Es heißt: „If Apple truly commits to innovation in higher education, it could ‘really move the needle,’ said Kim, as other companies like Google and Microsoft could follow suit. ‘All of these companies would be smart to put educational innovation, and partnerships with higher education, at the center of their plans.’”

Sie finden den Beitrag hier.

Black Lives Matter vs. American Civil Liberties Union
Der Chronicle of Higher Education berichtet von einem schwelenden Konflikt am College of William & Mary in Virginia zwischen Vertretern der Bürgerrechtsbewegung Black Lives Matter und einer anderen, nämlich der American Civil Liberties Union (ACLU). Anlass des Beitrags ist die Stellungnahme des Präsidenten der Hochschule zur Störung einer ACLU-Veranstaltung auf dem Campus durch Vertreter von Black Lives Matter, in der es heißt: „Silencing certain voices in order to advance the cause of others is not acceptable in our community. This stifles debate and prevents those who’ve come to hear a speaker, our students in particular, from asking questions, often hard questions, and from engaging in debate where the strength of ideas, not the power of shouting, is the currency.”

Nach den jüngsten gewalttätigen Auseinandersetzungen in Charlottesville, Virginia sei die Stimmung unter Studierenden aufgeladen. Ein Auftritt einer ACLU-Vertreterin auf dem Campus zum Thema „Students and the First Amendment” habe nicht wie geplant durchgeführt werden können, weil eine Gruppe von Studierenden mit Sprechchören die Rednerin übertönt und einen Dialog verhindert hätten. Zwei der im Chor vorgetragenen Parolen hätten gelautet: „ACLU, you protect Hitler, too” und „ACLU – free speech for who?”

Das College behalte sich disziplinarische Maßnahmen gegen die beteiligten Studierenden wegen Verletzung des „code of conduct” der Hochschule vor, unabhängig von der Frage, ob eine Kritik an der ACLU möglicherweise berechtigt sei. Einer der wesentlichen Kritikpunkte von Black Lives Matter an der ACLU sei dabei die Entscheidung letzterer gewesen, den als White Supremacist bekannten Jason Kessler in seinem Rechtsstreit mit der Stadt Charlottesville um die Genehmigung der Demonstration „Unite the Right” im August zu vertreten. Aus einer Stellungnahme zu den jüngsten Vorgängen zitiert der Beitrag Black Lives Matter mit den Worten: „The ACLU consciously chose to intervene on behalf of organized white supremacy in Charlottesville. We find this intolerable. (…) The right to free speech is a fundamental human right. However, speech that condones, supports or otherwise fails to explicitly condemn injustice must be directly confronted.”

Sie finden den Beitrag hier.

Ein Beitrag auf Inside Higher Education zitiert zum Thema einen leitenden Mitarbeiter der Foundation for Individual Rights in Education (FIRE) mit dem Gedanken, dass selbst wenn die Kritik Black Lives Matter an einem vermeintlich ungleich verteilten Zugang zu freier Meinungsäußerung Berechtigung hätte, diese Kritik nicht in Zensur von Meinungsäußerungen münden dürfe, denn eine solche Zensur würde Minoritäten, also zum Beispiel die Organisation Black Lives Matter am empfindlichsten treffen: „They might find themselves similarly drowned out by force.”

Nach Ansicht einer Professorin für Education, Diversity and STEM an der Vanderbilt University sollten sich die Studierenden statt auf Protest auf ihren Studienerfolg konzentrieren, denn: „The best way students can be advocates for people of color and those who are unrepresented is by earning their degree (…) Getting your degree doesn’t make you less of an activist. It gives you power you may not ordinarily have to speak if you didn’t have it.”

Sie finden diesen Beitrag hier.

Der Chronicle of Higher Education meldet eine Entscheidung des Hochschulrats der University of Wisconsin, nach der studentischer Widerstand gegen die Äußerungen kontroverser bzw. missliebiger Meinungen auf dem Campus im Wiederholungsfall mit Exmatrikulation geahndet werden solle. Es heißt: „Any student who has been found responsible twice for disrupting another person’s free speech will be suspended for a minimum of one semester. A student who has disrupted someone else’s speech three times will be expelled.”

Sie finden die Meldung hier.

Kurznachrichten
Die New York Times berichtet von einem neuen und umsonst verfügbaren Computerspiel namens „Payback”, das Studierenden bei den finanziellen Entscheidungen rund ums Studium helfen solle. Es heißt: „In playing, students see running totals of their debt but can also track academic focus, the connections they’re making that could be useful later and their overall happiness – crucial factors in actually finishing college and graduating with a job that can help them repay their debt. (…) Payback marches players through a series of decisions, from which school to attend to when and how to accept paid work to whether to join (and pay for) a fraternity or sorority.”

Sie finden den Beitrag hier.

Inside Higher Education meldet die Veröffentlichung einer gemeinsamen Stellungnahme der American Association of Collegiate Registrars and Admissions Officers, des Council for Higher Education Accreditation und des American Council on Education zum Thema der Anerkennung und Transferierbarkeit von Studienleistungen. Es heißt sehr vorsichtig: „The groups said the guidelines should be used as a tool to develop institutional policies but should not be used in lieu of those policies.”

Sie finden die Meldung hier.

Die Motivation zur Veröffentlichung der Stellungnahme erschließt sich aus einem darin enthaltenen Passus zur Notwendigkeit einer verständlichen Kommunikation von Anerkennungsrichtlinien der Hochschulen. Es heißt: „The public has a significant interest in higher education’s effective management of transfer credit, especially in an environment of expanding access and increased mobility. Colleges and universities are the stewards of significant taxpayer dollars, such as state investments in public institutions or federal student aid funding. This funding is accompanied by public expectations that the transfer credit process is built on a strong commitment to fairness and efficiency.”

Sie finden die gemeinsame Stellungnahme hier.

Ein Beitrag auf Venture Beat warnt davor, über die Konzentration auf STEM-Fächer (Science, Technology, Engineering and Math) die Geistes- und Sozialwissenschaften und eine musisch-künstlerische Ausbildung zu vernachlässigen. Es heißt: „We’ve reached the point where STEMism is harming innovation. (...) Organizations focused on hiring people with only STEM backgrounds risk having gaping deficits in creativity, empathy, and communications. These are areas where liberal arts disciplines excel. (...) Steve Jobs understood the advantage of incorporating fields that focus on pushing the boundaries of human knowledge. His obsession with beautiful fonts stemmed from a course on calligraphy at Reed College. As he once said, ‘it’s in Apple’s DNA that technology alone is not enough – that it’s technology married with liberal arts, married with the humanities, that yields us the result that makes our hearts sing.’” STEM müsse darum als Konzept zu Humanities, Engineering, Art, and Technology (HEAT) erweitert werden.

Sie finden diesen Beitrag hier.
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Dr. Nina Lemmens
Stefan Altevogt, Katrin Kempiners, Redaktion

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